Checkliste Geflügelgrippe: Neuen Ausbrüchen vorbeugen

Wildvögel in Hofnähe – Experten warnen vor der Geflügelpest-Welle. (Foto: WiSiTiA/aw – Schottland September 2017)

Er gilt als bisher schwerster Ausbruch der Geflügelgrippe in Europa: Knapp über eine Million Tiere wurden im vergangenen Winter allein in Deutschland getötet. Einige andere EU-Länder waren zum Teil noch schwerer betroffen. Experten erwarten für den kommenden Winter im Rahmen der Wildvögelzüge wieder neue Ausbrüche. Vorbeugen lässt sich nur mit einer deutlich verbesserten Biosicherheit.

(aw/jh) – Es gab bereits wieder erste H5N8-Nachweise der Geflügelgrippe: Ende August bei drei toten Schwänen im Landkreis Mansfeld-Südharz (Sachsen-Anhalt) und auch in der Schweiz. Geflügelhalter sollten deshalb ihre Biosicherheitsmaßnahmen überprüfen.
Dass die schweren Folgen der massiven Geflügelpestwelle (H5N8) von November 2016 bis Frühjahr 2017 auch zu einem Teil „hausgemacht“ waren, zeigt die Aufarbeitung. Vor allem Sekundärausbrüche in Putenställen – bei der das Virus zwischen Geflügelbetrieben weitergegeben wurde – waren Folgen mangelhafter Biosicherheit.
Das sagt letztlich auch ein Positionspapier der Geflügelwirtschaft (Download hier), in dem sie eine Bilanz des Geschehens zieht. Es spricht von einem „zukünftig optimierten Umgang mit der Geflügelpest“ und listet dann (u.a.) eine Reihe von Vorgaben für die Biosicherheit speziell bei Puten auf. Im Umkehrschluss ist dies eine Liste der Mängel, die abgestellt werden müssen. Es geht vor allem um Gerätschaften (die für mehrere Ställe genutzt wurden) und die Lagerung/den Transport von Stroh (Einstreu/Beschäftigungsmaterial).

Mängel bei der Biosicherheit – weniger Entschädigung

Deutlicher wurde Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne) beim 2. Tiergesundheitssymposiums in Oldenburg Ende August: Wer Vorgaben für die Biosicherheit fahrlässig missachte, der soll mit Sanktionen bei der späteren finanziellen Schadensregulierung belegt werden, zitiert ihn die Neue Osnabrücker Zeitung. In Niedersachsen mussten Land und Tierseuchenkasse rund 16 Millionen Euro zahlen. Die Branche schätzte den Gesamtschaden aber auf 40 Millionen Euro.

Für Deutschland hat das Friedrich-Loeffler-Institut hier eine Checkliste (PDF-Download) zur Reduzierung des Infektionsrisikos erstellt.

Nutzgeflügel vor Geflügelpest/Vogelgrippe schützen – Infografik des FLI. (Grafik: © FLI)

Großbritannien appelliert: Simple Sicherheitsmaßnahmen einhalten

Auch in Großbritannien versuchen die Veterinärbehörden der Bezirke Wales, Schottland, Nord-Irland und England bereits jetzt, die Geflügelbesitzer für die Problematik zu sensibilisieren. Gemeinsam appellieren sie an alle Geflügelbesitzer, vom Hobbyhalter bis zum Großmäster, einige simple Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten, um die Übertragung der Geflügelgrippe von Wildvögeln auf Hausgeflügel zu minimieren. Der Appell für mehr Biosicherheit adressiert dort ausdrücklich auch die Hobbyhalter:

Aktuelle Biosicherheitshinweise für Geflügelhalter in Großbritannien (Klick auf Foto lädt PDF).

  • Die Bereiche, in denen Geflügel gehalten wird, sollten möglichst sauber und aufgeräumt sein. Schadnager müssen unbedingt bekämpft werden und alle festen Flächen sollten regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden. Schuhe sind vor Betreten des Bereichs und nach Verlassen zu reinigen.
  • Wasser und Futter sollte Hausgeflügel nur in umschlossenen Räumen erhalten, die für Wildvögel unzugänglich sind. Von den Tieren verstreutes Futter muss regelmäßig entfernt werden, um keine Wildvögel oder Schadnager anzulocken.
  • Ausläufe sollten eingezäunt sein und wenn möglich sollte Hausgeflügel keinen Zugang zu Tümpeln oder Teichen haben, die auch von Wildvögeln frequentiert werden.
  • Zusätzlich wurde in Großbritannien ein Frühwarnsystem für interessierte Geflügelhalter eingerichtet, damit Nachrichten über potentielle Neuausbrüche schnell weiterverbreitet werden können.

Solidarität von Hobbyhaltern eingefordert

Mit 13 nachgewiesenen Ausbrüchen von H5N8 bei Nutzgeflügel war Großbritannien im Vergleich zu Deutschland (1.150 Nachweise insgesamt; 92 in Nutzgeflügelhaltungen) im letzten Winter geringer betroffen. Aber es gab Ausbrüche in allen Betriebsformen – vom Hobbyhalter bis zum 65.000 Tiere-Stall.
Die Tierärzte der Veterinärbehörden weisen ausdrücklich darauf hin, dass der finanzielle Schaden für Hobbyhalter in der Regel gering ist. Doch die notwendigen Sperrbezirke können große Betriebe empfindlich treffen, weil sie von der Geflügelhaltung leben. Sie mahnen: Ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Infektionsrisiko sollte aus Gründen der Solidarität daher auch für Kleinsthaltungen selbstverständlich sein.

So nicht: Futter und Wasser am besten überdachen, damit keine Wildvögel angelockt werden. Biosicherheitsmaßnhamen sollen neuer Geflügelpest-Welle vorbeugen. (Foto: WiSiTiA/aw – Schottland September 2017)

Nigel Gibbens, Leiter der englischen Veterinärbehörde erklärt, dass es zwar seit mehr als zwei Monaten keine Neuausbrüche in Großbritannien gegeben habe, er gehe aber davon aus, dass im Winter der Infektionsdruck wieder steige.

Christianne Glossop, Leiterin der walisischen Veterinärbehörde ergänzt, dass Tierbesitzer weiterhin aufmerksam die Gesundheit ihrer Tiere beobachten sollten. „Falls Sie Bedenken im Hinblick auf die Tiergesundheit haben, wenden Sie sich an einen Tierarzt. Und falls Sie einen Verdacht auf Geflügelgrippe haben, dann wenden Sie sich gleich an die zuständige Behörde,“ rät die Expertin.

Ein weiteres Problem spricht Sheila Voas, Leiterin der schottischen Veterinärbehörde an: „Letztes Jahr hatten wir Probleme, die Halter kleiner Geflügelbestände ausfindig zu machen und zu kontaktieren. Daher sollten sich alle Betriebe, selbst solche, die bereits im Bestandsregister erfasst sind, bei dem neuen Informationsdienst anmelden, um immer die aktuellen Nachrichten zu Ausbrüchen zu erhalten.“

Robert Huey, der nordirische Kollege, erinnert die Tierhalter daran, dass in Nordirland alle Geflügelhaltungen gemeldet sein müssen und dass Biosicherheit unabhängig von der aktuellen Infektionslage immer eine wichtige Rolle zur Krankheitsvermeidung spielt.

Quellen/Deutschland:
Checkliste „Geflügelpestvorbeugung“ Friedrich-Loeffler-Institut (PDF-Download)
Bilanz des H5N8-Ausbruchs 2016/2017 aus Sicht der Geflügelwirtschaft (PDF-Download)

Quellen/Großbritannien:
Warnung der Veterinärbehörden
Übersichtsseite „Avian Flu“
Biosicherheitshinweise für Geflügelhalter (PDF-Download)

Teilen
Über den Autor

Redaktion wir-sind-tierarzt.de

Unter dem Autorennamen "Redaktion wir-sind-tierarzt.de" veröffentlichen wir überwiegend kurze/aktuelle Nachrichten, die im Redaktionsalltag entstehen. Ein Namenskürzel am Textanfang weist ggf. näher auf den zuständigen Redakteur hin: jh – Jörg Held / hh - Henrik Hofmann / aw – Annegret Wagner Kontakt zur Redaktion: zentrale(at)wir-sind-tierarzt.de
Web Design MymensinghPremium WordPress ThemesWeb Development

Wildtiere: Hilfe kann auch Leid bedeuten

9. März 20169. März 2016
Ein Faltblatt gibt Tipps zum Umgang mit Wildtieren. (©Landestierschutzbeauftragte Hessen / Erni/Fotolia.com)„Wildtiere brauchen in den aller seltensten Fällen menschliche Hilfe," sagt die Landestierschutzbeauftragte Hessen. Was tun kann, wer ein Wildtier findet – oder aber auch besser lassen sollte – erklärt ein Flyer, den Dr. Madeleine Martin zusammen mit der Landestierärztekammer Hessen herausgegeben hat. (mehr …)