Equine Infektiöse Anämie: 15 Polopferde in Deutschland, Holland und der Schweiz infiziert

Alle bisherigen Ausbrüche der Equinen Infektiösen Anämie (EIA) standen im Zusammenhang mit dem Polosport – der Kontakt zwischen den Tieren erfolgte wahrscheinlich über Turniere. Eine Spur führt auch nach Argentinien, woher einige der infizierten Tier importiert wurden. (Foto: © KNMvD)

In Deutschland ist die Equine Infektiöse Anämie (EIA) inzwischen in acht Ställen an sechs Orten nachgewiesen, die Niederlande (Utrecht) und die Schweiz (Mülligen) melden je einen Fall – bisher sind hier immer Polopferde betroffen. Auch Spanien hat zwei Fälle gemeldet. Insgesamt 17 Tiere wurden getötet. Dies schreibt das Tierseuchengesetze vor, da es keine Behandlungsmöglichkeit gibt. Als wahrscheinlich gilt ein Eintrag aus Argentinien.

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Den aktuellen Stand mit allen Zahlen zum EIA-Ausbruch 2017 finden Sie hier

von Jörg Held

Amtlich bestätigt ist in Deutschland die EIA-Infektion von 13 Pferden. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) hat ein kurzes update auf seiner Webseite veröffentlicht. Das staatliche Tierseucheninformationssystem (letzter Abruf 18. Juli) nennt folgende Ausbruchsorte in chronologischer Reihenfolge (Tierzahlen in Klammern – Datum des 1. Befundes – Ortsname verlinkt zur Orginalquelle):

Karte der EIA-Asubrüche in Deutschland – Stand: 8.7.2017 (Karte: © TSIS/FLI)

Dazu kommt aktuell (18.7.2017) eine Meldung aus Spanien – die ersten EIA-Infektionen seit 1983:

Einen Nachweis gab es auch in den Niederlanden:

Aus der Schweiz wurde erstmals seit 1991 ein EIA-Nachweis gemeldet:

Mülligen liegt im Kanton Aargau und beherbergt einen der zehn Schweizer Poloclubs. Entdeckt wurde die Infektion bei Eigenkontrollen der Swiss Polo Association, berichtet das Reitermagazin St. Georg. Das Tier sei kein Kontakttier gewesen. Das Pferd wurde 2014 aus Belgien in die Schweiz importiert.

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Virusträger nicht erkennbar krank

Der Deutsche Poloverband hat seine Mitgliedsbetriebe Ende Juni in einem Rundschreiben (Download hier) über die Ausbrüche informiert. Keines der Pferde – das gilt auch für Holland und die Schweiz – war erkennbar krank. Erst eine Laboruntersuchung habe den Virus nachgewiesen. Der Ursprung der Infektion habe sich bis jetzt nicht ermitteln. lassen.

Spur nach Argentinien

Der Nachweis in den Niederlanden scheint keinen direkten Bezug zum deutschen Ausbruchsgeschehen zu haben. Das Pferd aus dem Poloclub Vreeland (Utrecht/insgesamt 63 Pferde), sei nie in Deutschland gewesen, sagte Bob Rademakers, Sekretär des niederländischen Polo-Verbandes. Es stamme ursprünglich aus Argentinien. Die EIA-Infektion sei entdeckt worden, weil man nach den Fällen in Deutschland alle Polopferde vorsorglich habe testen lassen. Es habe nur dieses eine positive Ergebnis gegeben.

Der erste Fall in Deutschland (Hagen-Grinden/Landkreis Verden, Niedersachsen) betraf ein Polopony, das vier Jahre zuvor aus Argentinien importiert wurde.
Auch die Bildzeitung hatte berichtet, dass die in Hamburg infizierten Pferde alle aus demselben Stall in Argentinien stammen und vor fünf Jahren nach Deutschland kamen. Dies hat ein Sprecher des Bezirksamtes Altona bestätigt.
Die Fälle in Bayern (Tagmersheim) führt die Stallbesitzerin in der Süddeutschen Zeitung auf Pferde des argentischen Polo-Profis Hugo Iturraspe zurück. Er hatte sechs Pferde in den Stallungen untergebracht, später seien alle Tiere des Argentiniers positiv auf EIA getestet worden
.

Den Zusammenhang mit dem Polosport hat inzwischen auch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI – Nationales Referenzlabor für EIA) bestätigt. Die Spur nach Argentinien ist aber noch nicht offiziell vom FLI kommuniziert.

Bundesweite suche nach Kontakttieren

Die Behörden suchen weiter nach Kontakttieren – bundes- und auch auch europaweit. Dazu erstellen sie für die betroffenen Betriebe nun genaue Bestands- und Bewegungsprofile, prüfen also genau, welches Tier wann wo war. Aus dieser Überprüfung können sich Sperren für „Kontaktbetriebe“ ergeben. Dabei führen Spuren auch in verschiedene EU-Mitgliedstaaten (Dänemark, Spanien, Niederlande, Belgien, Frankreich) sowie nach Argentinien, berichtet German Racing unter Bezug auf das Bundeslandwirtschaftsministerium.
Nach Angaben des Poloverbandes (Stand 29.6.2017/Liste ohne Anspruch auf Vollständigkeit) gibt es Sperren für Betriebe ohne bisher bestätigten EIA-Nachweis in folgenden Orten:

  • um Hagen-Grinden/Bremen
  • im Bereich Düsseldorf
  • in Frankfurt/Main
  • im Raum Hannover/Celle
  • im südlichen Schleswig-Holstein. Das Land teilte mit, das bislang noch keine Infektion entdeckt wurde.

In den Medien wird exemplarisch für eine vorsorgliche Sperrung oft über Mechtersen (Landkreis Lüneburg/Nds.) berichtet. Dort hatte sich die Stallbetreiberin selbst bei den Behörden gemeldet, da zwei Pferde über ein Poloturnier Kontakt zu infizierten Pferden hatten. Die ersten Blutuntersuchungen waren aber negativ. Trotzdem haben die Behörden bis zu den Nachuntersuchungen Ende August für den Stall ein Verbringungsverbot** ausgesprochen und eine Stallpflicht angeordnet.

Hintergrund: Regeln für Sperrbezirke

Laut Tierseuchengesetz sind sämtliche Einhufer in einem Sperrbezirk mit etwa einem Kilometer Radius um den Ausbruchsbetrieb aufzustallen. Die Tiere dürfen ohne Genehmigung der Veterinärbehörde auch nicht aus dem Sperrgebiet gebracht werden. Zudem sind Ausstellungen und Veranstaltungen mit Einhufern im Sperrgebiet untersagt. Die Sperrmaßnahmen dürfen frühestens nach drei Monaten aufgehoben werden, wenn eine Wiederholungsuntersuchung aller Pferde im Sperrgebiet stattgefunden hat und die Befunde negativ waren. (Beispiel für eine Allgemeinverfügung bei einem EIA-Ausbruch)

Hintergrund: EIA-Übertragung

EIA-Nachweis im Coggins-Test mit positiver Reaktion: Antigen und Antikörper wandern aufeinander zu und bilden am Ort des Zusammentreffens eine sichtbare Präzipitationslinie. Zu erkennen sind die positiven Reaktionen (Präzipitationslinien) bei der Probe 1 und den drei Positivkontrollen. Probe 2 und Probe 3 sind negativ. (Foto: © LGL-Bayern)

Die Infektiöse Blutarmut der Einhufer tritt, obwohl weltweit verbreitet, in Deutschland eher selten auf. 2015 gab es eine Ausbruchswelle in Bayern; 2016 keinen Nachweis; in 2017 dann Anfang des Jahres wieder einen Fall in Bayern (Landkreis Amberg-Sulzbach) und jetzt die in diesem Artikel beschriebenen fünf Ausbruchsorte. Auf den Menschen kann das Virus nicht übertragen werden.

Mehr Informationen zur Krankheit liefert ein Merkblatt der Bundestierärztekammer zur EIA (PDF-Download)

Die Virusübertragung erfolgt hauptsächlich durch blutsaugende Insekten wie Bremsen und Stechfliegen. Andere Übertragungswege wie beispielsweise eine Infektion von Tier zu Tier seien sehr selten.

Erkrankte Tiere zeigen oft nur allgemeine Symptome. Dazu zählen blasse Schleimhäute, Schwäche, Gewichtsverlust, Fieber oder Futterverweigerung, außerdem Fehlgeburten und unkontrollierte Bewegungen. Tiere könnten auch symptomlos erkranken und so unerkannt die Krankheit auf andere Pferde übertragen. Die Erkrankung ist unheilbar. Eine Therapie oder auch Impfung ist weder möglich noch erlaubt. Deshalb ist in Deutschland die Tötung infizierter Pferde vorgeschrieben.

Mehr zu Verbreitung, Diagnose und Ideen zur Vorbeugung hier (Archivbeitrag)

Quellen
zu den aktuellen Meldungen im Artikel verlinkt
Rundschreiben des Deutschen Polo-Verbandes (PDF-Download 29.6.2017)

nützliche Links:
Merkblatt der Bundestierärztekammer zur EIA (PDF-Download)

Informationen zur Equinen Infektiösen Anämie (LGL-Bayern)
Informationen für Pferdebesitzer zur Krankheit und Seuchenbekämpfung (LAVES Niedersachsen)

**Die ursprüngliche Version des Artikels meldete einen „Sperrbezirk“. Verbringungsverbot/Stallpflicht gelten aber nur für den Betrieb im Landreis Lüneburg.

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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