Erneut EIA-Nachweis auf Pologestüt – deutschlandweit neun Ställe betroffen

EIA-Nachweise in Deutschland jetzt bei 14 Pferden in neun Stallungen in fünf Bundesländern. (Foto: © wikipedia / common licence)

Über drei Wochen gab es in Deutschland keinen neuen Befund der Equinen Infektiösen Anämie (EIA). Doch jetzt (24.7.) meldet Schleswig-Holstein als fünftes Bundesland einen EIA-Nachweis – wieder bei einem aus Argentinien importierten Polopferd. Europaweit sind vier weitere Staaten betroffen – eine aktualisierte Übersicht der Fälle.

Dieser Beitrag wird nicht weiter aktualisiert – den aktuellen Stand des EIA-Ausbruchs 2017 finden sie hier

von Jörg Held

Offiziell untersuchen die Behörden noch, ob und welchen Zusammenhang es zwischen den Nachweisen der ansteckenden Blutarmut bei Pferden in europaweit 13 Stallungen gibt. Doch der Bezug zum Polosport gilt als belegt: Zum einen sind bisher immer Pologestüte oder Ställe betroffen, in denen Polopferde stehen – auch international (siehe unten). Zum anderen geht man in der Polosportszene inzwischen offen davon aus, dass es einen Zusammenhang mit argentinischen Importpferden gibt.

Argentinische Polopferde wahrscheinlich Auslöser

Der erste Fall in Deutschland (Hagen-Grinden/Landkreis Verden, Niedersachsen) betraf ein Polopony, das vier Jahre zuvor aus Argentinien importiert wurde.
Auch die Bildzeitung hatte berichtet, dass die in Hamburg infizierten Pferde alle aus demselben Stall in Argentinien stammen und vor fünf Jahren nach Deutschland kamen. Dies hat ein Sprecher des Bezirksamtes Altona bestätigt.
Die Fälle in Bayern (Tagmersheim) führt die Stallbesitzerin in der Süddeutschen Zeitung auf Pferde des argentischen Polo-Profis Hugo Iturraspe zurück. Er hatte sechs Pferde in den Stallungen untergebracht, später seien alle Tiere des Argentiniers positiv auf EIA getestet worden. Aber die drei in Tagmersheim infizierten Pferde waren auch selbst vor sechs Jahren aus Argentinien/Thailand eingeführt worden – laut Webseite aber mit negativem EIA-Test.
Das jetzt auf dem Gestüt in Groß Offenseth-Aspern (Kreis Pinneberg/Schleswig-Holstein) eingeschläferte, 14 Jahre alte Polopferd, war 2009 ebenfalls aus Argentinien importiert worden.
Die britischen Tiegesundheitsbehörden lassen deshalb alle argentinischen Importpferde testen, meldet der britische Pferdezuchtverband (TBA).

Alle Artikel über die Entwicklung von EIA-Ausbrüchen in Deutschland finden Sie hier

Kontaktbetrieb im Landkreis Pinneberg

Sperrbezirk des EIA-Ausbruchs in Groß Offenseth-Aspern (Kreis Pinneberg/Schleswig-Holstein). (Karte: © Landkreis Pinneberg)

Die jetzt betroffene Pferdehaltung in Groß Offenseth-Aspern ist ebenfalls ein Pologestüt. Es war im Rahmen epidemiologischer Ermittlungen aufgrund des Nachweise in Hamburg untersucht worden, teilte das Landwirtschaftsministerium Schleswig-Holstein mit. Als Kontaktbestand hatte man den Betrieb zunächst gesperrt. Die Untersuchungen wiesen dann bei einem Pferd Antikörper gegen das Virus nach. Der Befund des Landeslabors Neumünster ist durch das nationale Referenzlabor für Equipen Infektiöse Anämie am Friedrich-Loeffler-Institut bestätigt, das Tier getötet. Bei einem zweiten Pferd waren die Tests nicht eindeutig negativ. Es wird binnen drei Wochen nachuntersucht, ebenso wie die weiteren, bisher negativ getesteten 48 Polopferde auf der Anlage. Um den Betrieb gilt ein Sperrbezirk (Regeln siehe unten).
Insgesamt hat Schleswig-Holstein bereits mehr als 20 Betriebe untersucht. Bislang liegen keine weiteren positiven Ergebnisse vor.

Deutschland: 14 Polopferde in neun Ställen infiziert

Mit dem Nachweis in Schleswig-Holstein ist EIA jetzt in Deutschland bei 14 Pferden in neun Stallungen in fünf Bundesländern gefunden worden. Das staatliche Tierseucheninformationssystem (letzter Abruf 25. Juli) nennt folgende Ausbruchsorte in chronologischer Reihenfolge (Tierzahlen in Klammern – Datum des 1. Befundes – Ortsname verlinkt zur Orginalquelle):

EIA-Ausbrüche in Deutschland – Stand 24.7.2017. (Karte: © Tierseucheninformationssystem/TSIS)

Europa: Vier Staaten mit EIA-Nachweis bei Polopferden

Da sich in Deutschland die EIA-Nachweise auf Polo-Pferde konzentrieren, haben international die Polo-Sportverbände eigene Kontrollen eingeleitet – insbesondere, wenn eine Kontaktmöglichkeit über Turniere oder zu argentinischen Importpferden bestand. Dabei wurden bisher vier infizierte Pferde entdeckt (chronologische Reihenfolge / Ortsname verlinkt zur Originalquelle):

Niederlande

Das infizierte Pferd aus dem Poloclub Vreeland (Utrecht/insgesamt 63 Pferde), sei nie in Deutschland gewesen, sagte Bob Rademakers, Sekretär des niederländischen Polo-Verbandes. Es stamme ursprünglich aus Argentinien. Die EIA-Infektion sei entdeckt worden, weil man nach den Fällen in Deutschland alle Polopferde vorsorglich habe testen lassen. Es habe nur dieses eine positive Ergebnis gegeben.

Schweiz

Mülligen liegt im Kanton Aargau und beherbergt einen der zehn Schweizer Poloclubs. Entdeckt wurde die Infektion bei Eigenkontrollen der Swiss Polo Association, berichtet das Reitermagazin St. Georg. Das Tier sei kein Kontakttier gewesen. Das Pferd wurde 2014 aus Belgien in die Schweiz importiert.

Spanien

Der Nachweis in Spanien war die erste belegte EIA-Infektionen seit 1983.

Mazedonien

In Mazedonien war ein Pferd an EIA verendet, bei drei Tieren wurde die Infektion nachgewiesen. In der ehemaligen jugoslawischen Republik ist es der erste EIA-Nachweis seit 2004.

Auch in Spanien und Mazedonien soll es sich um Polopferde handeln, eine offizielle Bestätigung liegt aber noch nicht vor.

Zeit für einen deutschlandweiten EIA-Pflicht-Test?

Der erste Fall der aktuellen Infektionswelle in Deutschland (Verden) wurde Anfang Juni 2017 entdeckt, weil das Polopferd vor einer Auslandsreise auf EIA getestet werden musste. Deutschland debattiert nun, ob es generell einen Pflichttest geben soll? Dies hatte schon 2015 Prof. Gerald Schusser (Leipzig) auf dem bpt-Kongress in München gefordert: Weil die Seuche in Deutschland und Europa verdeckt endemisch sein, sollten jährlich flächendeckende Tests von den Tierseuchenkassen bezahlt werden (Bericht hier).
Bisher wird meistens bei der Ein- und Ausfuhr von Pferden aus Drittländern nach Deutschland und umgekehrt ein negativer Coggins-Test verlangt. Innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten ist  lediglich eine Gesundheitsattestation vorgeschrieben. Aber auch innerhalb der EU gibt es Länder, in denen die Infektiöse Anämie noch vermehrt auftritt (u.a. Rumänien/Italien).

Turniere nur noch mit negativem Testergebnis

Aktuell versuchen sich Turnierveranstalter durch eigene Testvorschriften zu schützen. So dürfen etwa beim Bundesnachwuchschampionat der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) Ende Juli* nur Pferde mit negativem Coggins-Test teilnehmen. Auch das Landwirtschaftsministerium Schleswig-Holstein hat per Erlaß verfügt, dass Poloreitturniere nur dann stattfinden dürfen, wenn für alle teilnehmenden Tiere ein negatives EIA-Untersuchungsergebnis vorliegt.
Zwar wäre es fachlich sinnvoll, alle in Deutschland gehaltenen Pferde zu testen, räumt auch die FN-Veterinärin Dr. Henrike Lagershausen im Interview mit der Reiterrevue ein. Doch sie hält den Aufwand für die Veterinärbehörden für unverhältnismäßig hoch. EIA trete, gemessen an der Gesamtzahl der Pferde in Deutschland, nur vereinzelt auf.
Dahinter steckt aber auch, dass es bei Pferdebesitzern eine Angst vor einem positiven Ergebnis bei ansonsten gesunden Pferden gibt. In der Folge müsste das Pferd als Virusträger – so schreibt es die Tierseuchengesetzgebung vor – getötet werden, auch wenn es keine klinischen Symptome zeigt.

*Eine erste Version dieses Artikels nannte die Testvorschrift für das Bundeschampionat im September – das ist aber noch in der Prüfung – Artikel wurde korrigiert.

Quellen:
alle Quellen zu den aktuellen Meldungen direkt im Artikel verlinkt
Rundschreiben des Deutschen Polo-Verbandes (PDF-Download 29.6.2017)

nützliche Links:
Merkblatt der Bundestierärztekammer zur EIA (PDF-Download)

Informationen zur Equinen Infektiösen Anämie (LGL-Bayern)
Informationen für Pferdebesitzer zur Krankheit und Seuchenbekämpfung (LAVES Niedersachsen)
Fachnformationen zur Equipen Infektiösen Anämie (Landwirtschaftsministerium Schleswig-
Holstein)

Hintergrund: Regeln für Sperrbezirke

Laut Tierseuchengesetz sind sämtliche Einhufer in einem Sperrbezirk mit etwa einem Kilometer Radius um den Ausbruchsbetrieb aufzustallen. Die Tiere dürfen ohne Genehmigung der Veterinärbehörde auch nicht aus dem Sperrgebiet gebracht werden. Zudem sind Ausstellungen und Veranstaltungen mit Einhufern im Sperrgebiet untersagt. Die Sperrmaßnahmen dürfen frühestens nach drei Monaten aufgehoben werden, wenn eine Wiederholungsuntersuchung aller Pferde im Sperrgebiet stattgefunden hat und die Befunde negativ waren. (Beispiel für eine Allgemeinverfügung bei einem EIA-Ausbruch)

Hintergrund: EIA-Übertragung

EIA-Nachweis im Coggins-Test mit positiver Reaktion: Antigen und Antikörper wandern aufeinander zu und bilden am Ort des Zusammentreffens eine sichtbare Präzipitationslinie. Zu erkennen sind die positiven Reaktionen (Präzipitationslinien) bei der Probe 1 und den drei Positivkontrollen. Probe 2 und Probe 3 sind negativ. (Foto: © LGL-Bayern)

Die Infektiöse Blutarmut der Einhufer tritt, obwohl weltweit verbreitet, in Deutschland eher selten auf. 2015 gab es eine Ausbruchswelle in Bayern; 2016 keinen Nachweis; in 2017 dann Anfang des Jahres wieder einen Fall in Bayern (Landkreis Amberg-Sulzbach) und jetzt die in diesem Artikel beschriebenen fünf Ausbruchsorte. Auf den Menschen kann das Virus nicht übertragen werden.

Mehr Informationen zur Krankheit liefert ein Merkblatt der Bundestierärztekammer zur EIA (PDF-Download)

Die Virusübertragung erfolgt hauptsächlich durch blutsaugende Insekten wie Bremsen und Stechfliegen. Andere Übertragungswege wie beispielsweise eine Infektion von Tier zu Tier seien sehr selten.

Erkrankte Tiere zeigen oft nur allgemeine Symptome. Dazu zählen blasse Schleimhäute, Schwäche, Gewichtsverlust, Fieber oder Futterverweigerung, außerdem Fehlgeburten und unkontrollierte Bewegungen. Tiere könnten auch symptomlos erkranken und so unerkannt die Krankheit auf andere Pferde übertragen. Die Erkrankung ist unheilbar. Eine Therapie oder auch Impfung ist weder möglich noch erlaubt. Deshalb ist in Deutschland die Tötung infizierter Pferde vorgeschrieben.

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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