Weltweite Computerattacke: Auch Tierpharmafirmen können nicht mehr liefern

So meldete sich der – inzwischen "geknackte" – Erpressungstrojaner "jigsaw" auf dem Bildschirm. (Foto: screenshot via heise.de)

Update 17.7.2017: Bei Royal Canin ist die IT-Infrastruktur weiter nur eingeschränkt funktionsfähig.
Update 7.7.207: MSD teilt mit, die Schäden des Hackerangriffs seien behoben und man könne wieder liefern. Der bestehende Auftragsstau werde schnellstmöglich abgebaut.

Auch Firmen aus der Tierbranche hat der weltweite Cyberangriff mit dem Erpresserprogramm Petya geschädigt. Per Fax teilte MSD/Merck-Tiergesundheit mit, dass die Firmen-IT vorerst abgeschaltet sei. Mitte der Kalenderwoche 27 hoffe man wieder zum Normalbetrieb zurückkehren zu können. Bis dahin müssten (Notfall)Bestellungen über den Veterinärgroßhandel erfolgen. Auch der Pet-Food-Bereich des US-Konzerns Mars ist betroffen, was in Deutschland etwa Auswirkungen auf Royal-Canin hat.

(jh/aw) – Der aktuelle Angriff eines Erpressungstrojaners betrifft weltweit Konzerne und keine Tierarztpraxen. wir-sind-tierarzt.de hatte aber im Dezember 2016 auch über die Erpressung von Tierärzten berichtet und ein Handout (PDF-Download hier) bereitgestellt, das erklärt, wie man sich schützen kann.

In Deutschland MSD und Royal Canin betroffen

Aus dem Veterinärbereich hat die aktuelle Cyberattacke – soweit bekannt – MSD/Merck-Tiergesundheit und Royal Canin getroffen.

MSD hat seine Kunden per Fax und auch auf Webseiten informiert.
Zusätzlich hat das Unternehmen eine extra Webseite eingerichtet (hier), auf der man über den aktuellen Status der Systemwiederherstellung berichtet.

>>Der globale Cyberangriff, von dem aktuell weltweit zahlreiche Unternehmen und Organisationen betroffen sind, hat am 27. Juni auch das Computernetzwerk von MSD beeinträchtigt. Um das Problem zu kontrollieren und größere Schäden zu vermeiden, haben wir unmittelbar unsere IT-Systeme heruntergefahren. Wo nötig, haben wir Notfallmaßnahmen ergriffen, um Betriebsabläufe auch weiterhin aufrechtzuerhalten.<<

Bis Mitte der Woche (KW 27) rechnet MSD wieder zum Normalbetrieb zurückkehren zu können. Man habe große Fortschritte gemacht. Für Deutschland müssten bis dahin im Notfall benötigte Medikamente über Veterinärgroßhandel bezogen werden. Der sei mit dem Grundsortiment ausreichend versorgt worden. Aktuell könne man keine Bestellungen annehmen und ausliefern.

Royal Canin: Produktion läuft wieder

Auch Royal Canin ist – als Tochter des Mars-Pet-Food-Geschäftsbereiches – betroffen. Auf der Startseite im Internet entschuldigt sich das Unternehmen weiter für Bestellprobleme (Stand 17.7.2017). Man arbeite noch im manuellen Modus. Auch per Brief hat das Unternehmen Tierärzte ausführlich über den Angriff und daraus resultierende Lieferprobleme informiert. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben besonders schwer betroffen, weil weltweit die gesamte IT-Infrastruktur infiziert wurde. Inzwischen hätten aber die Produktionsstandorte ihren Betrieb wieder aufgenommen – wenn auch mit etwas verminderter Produktionsleistung. Es werde aber noch einige Zeit dauern, bis das Unternehmen zur gewohnten Servicequalität zurückkehren könne.

Auch andere Branchen hat es hart getroffen. So berichtet hier der Tagesspiegel: Milka-Fabrik steht still.

Cyberangriff mit dem Erpresserprogramm „Petya“

Eine Erpressersoftware ist ein Schadprogramm, das Rechner und IT-Netzwerke befällt und alle Daten verschlüsselt. Wer seine Geräte wieder nutzen möchte, muss online Lösegeld an die Angreifer zahlen. Nach Analysen von Sicherheitsfirmen handelt es sich bei dem aktuellen Virus wahrscheinlich um eine Variante des Erpressungstrojaners Petya. Der nutzt eine Windows-Sicherheitslücke, über die schon bei der „WannaCry-Attacke“ im Mai über 200.000 Firmencomputer infiziert wurden. Doch auch Computer, auf die das von Microsoft nach dem WannaCry-Angriff ausgelieferte Sicherheits-Patch installiert wurde, sollen infiziert worden sein, da das Schadprogramm weiterentwickelt wurde.

Die aktuelle Attacke richtete sich vor allem gegen große Konzerne – mit einem ungewöhnlichen auffälligen Schwerpunkt in der Ukraine, weshalb einige Experten inzwischen weniger von einer Erpressung, denn von einem politischen Hintergrund ausgehen.
Mehr Hintergründe zum Angriff und den verwendeten Programmen liefert spiegel-online hier.

Auch Tierarztpraxen gefährdet

Dass digitale Erpresser – wenn auch nicht in solchem Umfang – auch Tierarztpraxen angreifen, hat wir-sind-tierarzt hier berichtet: 

Per Krypto-Trojaner kapern sie Praxisrechner, verschlüsseln Daten und fordern Lösegeld. Andernfalls würden die Daten gelöscht. Ein solcher Angriff hat die Praxis von Dr. Hermann Becker* lahmgelegt.
Wie man vorbeugen kann und was im Erpressungsfall zu tun ist, lesen Sie hier.

So meldete sich der – inzwischen von Sicherheitsfirmen „geknackte“ – Erpressungstrojaner „jigsaw“ auf dem Bildschirm. (Foto: screenshot via heise.de)

Quellen:
Faxmitteilungen MSD – MSD-Webseite Österreich
MSD-Sonderseite zum aktuellen Status des Cyberangriffs auf die IT-Infrastruktur
Reuters-Bericht zu Mars Pet-Food

Wer hat wen warum angegriffen – eine Analyse von Spiegel-online
Hintergrund der Cyberattacke für Experten – McAfee-Security Webseite

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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