Mit Niedersachsen sind es jetzt acht Bundesländer, die ein Verbandsklagerecht für Tierschutzorganisationen haben. Doch es sei das „schlechteste der Republik“, sagt der Tierschutzbund. In Baden-Württemberg wiederum hat ein Gericht bestätigt, dass die Landesregierung die Tierrechtler von Peta nicht als klageberechtigt anerkennen muss.
(jh) – Im deutschen Verwaltungsrecht – das auch viele Bereiche des Tierschutzrechts umfasst – gilt ein Grundsatz: Nur wer behaupten kann, selbst in seinen eigenen Rechten verletzt zu sein, darf Klage erheben. Analog zum Umweltrecht, wo Umweltverbände eine Klagerecht haben, führen immer mehr Bundesländer deshalb ein Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine ein. Die sollen stellvertretend für die Tiere handeln können. Mit Niedersachsen haben jetzt acht Länder solch ein Klagerecht.
Hier gibt es eine Übersicht der Bundesländer mit Tierschutzverbandsklagerecht und dessen unterschiedliche Ausgestaltung
Niedersachsen: Schlechtestes Verbandsklagegesetz der Republik
Der Deutsche Tierschutzbund wiederum hält die niedersächsische Variante für „das schlechteste Mitwirkungs- und Klagegesetz für Tierschutzorganisationen der Republik“. Anerkannte Tierschutzorganisationen könnten nur nachträglich behördliches Handeln überprüfen lassen – über eine Feststellungsklage. Sie dürften auch lediglich bei der Vorbereitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften und vor der Erteilung von bau- und immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für die Nutztierhaltung Einsicht in Sachverständigengutachten nehmen. Für sonstige Tierschutzverfahren sei eine Klage nur unter sehr erschwerten Bedingungen möglich. Unverständlich bleibe auch, warum Stallhaltungen bis zu einem Rauminhalt von 450 Kubikmeter vom Verbandklagegesetz ausgenommen wurden.
Kritik: Tierschützer als zusätzliche Aufsichtsbehörde
Kritik kommt auch von der anderen Seite. Für Helmut Dammann-Tamke will „die rot-grüne Landesregierung jetzt ausgewählte Tierschutzverbände als eine Art zusätzliche Aufsichtsbehörde installieren und beweist erneut, wie groß das Misstrauen gegenüber Tierhaltern und Landkreisen ist.“ So wie der agrarpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Niedersachsen, kritisieren auch in anderen Ländern Gegner, dass Klagerechte überhaupt eingeführt werden. Sie befürchten, dass Behörden statt ihre Aufsichtsaufgaben zu erfüllen, künftig auf Klagen reagieren müssen.
Erst wenige Verbandsklagen
Tatsächlich wurde bisher eher wenig geklagt, zumindest im Nutztierbereich. wir-sind-tierarzt.de sind bisher nur einige Klagen oder Verfahren unter Berufung auf das Klagerecht bekannt (etwa hier, hier oder hier). Bei einer Klage gehen die Verbände nämlich auch ins Risiko, was die Kosten betrifft. Der Deutsche Tierschutzbund erwartet deshalb, dass vor allem Verfahren geführt werden, mit denen man Präzedenzurteile erwirken kann – etwa gegen die Massentötung von Eintagsküken in einer Brüterei oder die Putenhaltung.
Peta bekommt kein Klagerecht
Weitaus „billiger“, aber fast ebenso medienwirksam ist es für Tierrechtler, Strafanzeigen zu erstatten – und dies dann gleich der Presse mitzuteilen. Dem muss die Justiz nachgehen. Kosten entstehen für den Anzeigenden keine. Die Tierrechtler von Peta haben diesen Weg bei Stallbränden, gegen Schlachthofbetreiber oder Jäger fast schon zur Routine erhoben. Kaum eine Woche, ohne Peta-Klage.
In Baden-Württemberg hat die grün-schwarze Landesregierung Peta die Anerkennung als klageberechtigte Tierschutzorganisation verweigert. Diese Ablehnung hat das Verwaltungsgericht Stuttgart inzwischen bestätigt. Peta erfülle die gesetzlich geforderten Voraussetzungen nicht, heißt es in einer Pressemeldung des Landwirtschaftsministeriums. Nur landesweit tätige und demokratisch strukturierte Organisationen dürften anerkannt werden, die jedermann eine Mitgliedschaft mit vollem Stimmrecht ermöglichten. Darüber hinaus müssten diese jahrelange Erfahrung im Tierschutz nachweisen und so verantwortungsvoll mit ihren neuen Möglichkeiten umgehen können. Peta will die nächste Instanz anrufen.