Bluthochdruck bei Katzen: Neue Leitlinien zur Therapie

Große Pupillen sind das häufigste Zeichen für Bluthochdruck. (Foto: © WiSiTiA/hh)

Bluthochdruck kommt bei älteren Katzen häufig vor. Er wird aber meist erst dann diagnostiziert, wenn bereits Organschäden entstanden sind. Leitlinien der Internationalen Gesellschaft für Katzenmedizin wollen Diagnose und Therapie verbessern.

(aw) – Auf Basis einer Literaturstudie aller aktuellen Veröffentlichungen zum Bluthochdruck bei Katzen hat die Internationale Gesellschaft für Katzenmedizin (ISFM) Leitlinien zur Diagnose und zum Management der Erkrankung veröffentlicht.

Die Leitlinien mit Abbildungen und Tabellen können Sie hier als PDF herunterladen (englisch)

Die wichtigsten Punkte sind hier zusammengefasst:

Ältere Katzen: Stets Blutdruck messen

Blutdruckmessungen müssen vergleichbar sein. Beispiel für ein Formular, das hilft, standardisiert zu messen. (© ISFM)

  • Blutdruckmessungen müssen vergleichbar sein. Beispiel für ein Formular, das hilft, standardisiert zu messen. (© ISFM)Bluthochdruck kommt bei älteren Katzen häufig vor und wird in der Regel erst dann diagnostiziert, wenn bereits Organschäden entstanden sind. Daher sollte die Messung des Blutdrucks stets Bestandteil der Untersuchung bei älteren Tieren sein.
  • Die klinischen Folgen von Bluthochdruck können für die Katzen je nach betroffenem Organ (target organ), gravierende Folgen haben. In erster Linie sind Augen, Herz und Blutgefäße, Gehirn und Niere betroffen. Eine frühzeitige Diagnose und eine wirkungsvolle Therapie können die Morbidität verringern.
  • Bei der Diagnose ist eine reproduzierbare Technik, mit der so genau wie möglich gemessen wird, von entscheidender Bedeutung, damit eine regelmäßige Kontrolle zu aussagekräftigen Vergleichswerten führt und der Behandlungserfolg kontrolliert werden kann.
  • Der Wirkstoff der Wahl zur Behandlung von Bluthochdruck ist derzeit Amlodipinbesilat.

Ideopathische Variante vergleichsweise selten

In Abhängigkeit von der Entstehung werden zwei Arten von Bluthochdruck unterschieden:

  1. Idiopathischer (primärer) Bluthochdruck bei dem keine offensichtlichen Begleiterkrankungen gefunden werden können.
  2. Sekundärer Bluthochdruck, bei dem eine Vorerkrankung vorliegt oder ein Medikament mit entsprechender Nebenwirkung gegeben wird.

Die idiopathische Form des Bluthochdrucks kommt in 13-20 Prozent der diagnostizierten Fälle vor, wobei zu klären ist, ob in diesen Fällen eventuell eine chronische Nierenerkrankung ohne Acetonämie vorliegen könnte oder ob eine genetische Prädisposition besteht.

Grunderkrankungen mit Auswirkung auf Bluthochdruck

In den meisten Fällen kommt Bluthochdruck bei Katzen jedoch im Zusammenhang mit anderen Grunderkrankungen vor. Allen voran wäre hier chronische Nierenerkrankungen zu nennen, des weiteren Schilddrüsenüberfunktion, primärer Hyperaldosteronismus (PHA), Cushing-Syndrom und Phäochromozytom (seltene Tumorform bei der zu viel Katecholamin zirkuliert).

  • Chronische Nierenerkrankungen gehen je nach Studie bei 19 bis 65 Prozent der erkrankten Katzen mit Bluthochdruck einher. Dabei besteht kein proportionaler Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Nierenschädigung und der Höhe des Blutdrucks. Noch ist nicht ganz klar, wo genau der Zusammenhang zwischen den beiden Erkrankungen liegt, es scheint aber ein anderes Phänomen als beim Menschen zu sein.
  • 10 bis 23 Prozent der Katzen, die an Hyperthyreose leiden, weisen einen erhöhten Blutdruck auf. Zusätzlich steigt der Blutdruck bei rund 25 Prozent der Katzen, die erfolgreich gegen ihre Überfunktion behandelt wurden. Auch hier ist die Pathophysiologie noch weitgehend ungeklärt.
  • 40 bis 60 Prozent aller Katzen mit PHA leiden an Bluthochdruck. Dieser Zusammenhang ist ebenfalls nicht vollständig geklärt. Es könnte aber sein, dass durch die Natrium-Retention und das dadurch steigende Flüssigkeitsvolumen, Bluthochdruck begünstigt wird.

Auswirkungen auf Organe

  • Bluthochdruck schädigt vor allem Gewebe mit hoher arterieller Versorgung wie Augen und Gehirn. Daher findet man bei der speziellen Untersuchung des Auges häufig Blutungen und Veränderungen der Kapillargefäße sowie Netzhautablösungen mit irreversibler Schädigung der Photorezeptoren und optische Neuropathien. Die betroffenen Katzen sind mehr oder weniger blind und bereits bei der Adspektion fällt eine bilaterale Mydriasis auf.
  • Besteht Bluthochdruck über längere Zeit, dann werden die selbstregulierenden Mechanismen im Gehirn überwunden und es kann zu Ödemen oder Arteriosklerose kommen. 15 bis 46 Prozent aller Katzen mit Bluthochdruck zeigen neurologische Ausfallerscheinungen wie Orientierungslosigkeit, Krämpfe, Ataxie, Depression und Gleichgewichtsstörungen.
  • Der Einfluss von Bluthochdruck auf das Herz-Kreislauf-System äußert sich vor allem in einer konzentrischen Hypertrophie der linken Herzkammer. Bei der Auskultation fallen Galopprhythmus, Rauschen und Arrhythmien auf.
  • An der Niere bewirkt der Bluthochdruck vor allem Glomerulosklerosen und Arteriosklerosen.

Hoher Blutdruck – doppelte Amlodipinbesilatdosierung

Tabelle der gängigen Medikamente/Dosierungen zur Senkung des Bluthochdrucks bei Katzen. (© ISFM)

  • Die Messung des Blutdrucks erfolgt in der Regel indirekt mittels Doppler-Blutdruckmessgerät oder High Definition Oszillometrie (HDO). Der Blutdruck sollte unter 160 mmHg liegen, besser noch unter 150 mmHg.
  • Der Wirkstoff der Wahl zur Senkung eines chronisch erhöhten Blutdrucks ist Amlodipinbesilat, ein Kalziumkanalblocker, der zu einer Dilatation der peripheren Arterien führt. Als Anfangsdosis sollte 0,125 mg/kg gewählt werden. Bei einem Blutdruck von über 200 mmHg muss diese Dosierung verdoppelt werden, da sich gezeigt hat, dass die niedrigere Dosierung in solchen Fällen nahezu wirkungslos ist. Bei mangelnder Verbesserung des Blutdrucks kann die Dosis langsam auf bis zu 0,5 mg/kg Körpergewicht gesteigert werden.
  • ACE-Hemmer und ß-Blocker eignen sich weniger gut zur Therapie chronischer Blutdruckerhöhung, haben aber ihre Berechtigung im Falle einer akuten Bluthochdrucksituation. Die kommt bei Katzen aber  eher selten vor. In solchen Notfällen muss der Bluthochdruck schnellstmöglich mithilfe von Labetolol (ɑ und ß-Blocker), Esmolol (ß-Blocker), Nitroprussid (unspezifische Vasodilatation) oder Hydralazin (arterielle Vasodilatation) therapiert werden.

Quelle:
Leitlinien zur Diagnose und zum Management von Bluthochdruck bei Katzen – Journal of Feline Medicine and Surgery (PDF-Download)

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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