„Q-Wohl“: Milch-Label mit Tiergesundheitsindikatoren

Eine separate Abkalbebucht gehört zu den Mindeststandards des "Q-Wohl"-Labels. (Foto: WiSiTiA/aw)

Tierwohllabel und Tiergesundheitsdatenbanken sind ein wichtiges Tierschutzthema 2017. Das Projekt „Q-Wohl“ in Baden-Württemberg hat Haltungsvorgaben für Milchkühe entwickelt, setzt aber vor allem auf Indikatoren mit Aussagekraft zur Tiergesundheit.

(jh) – „Probeweise“ hat Baden Württemberg 30 Milchviehbetriebe nach den Anforderungen (Katalog hier) eines „Q-Wohl“ genannten Labels auditiert. Dabei hätten 23 Prozent sofort „bestanden“. In weiteren 47 Prozent der Betriebe wären „leichte Verbesserungen“ nötig, die sich aber schnell umsetzen ließen (beispielsweise Abbau von Überlegungen).
„Mit vertretbarem Aufwand, aber mit sehr guter Aussagekraft zum Tierwohl, könnten also viele Betriebe Milch mit Tieren erzeugen, denen es nachweislich gut geht“, sagte die Landesbeauftragte für Tierschutz, Dr. Cornelie Jäger.
Ähnlich wie das Milch-Label des Deutschen Tierschutzbundes (Kriterien-Katalog hier), setzt auch „Q-Wohl“ auf eine zweistufiges Anforderungsprogramm, dass dann dem Verbraucher „Ein-“ oder „Zwei-Sterne“ Milch anbietet. Das besondere aber sind bei „Q-Wohl“ die Tiergesundheitsindikatoren.

Struktur des „Q-Wohl“-Labels Baden-Württemberg. (Grafik: © Q-Wohl BaWü)

„Q-Wohl“ basiert auf drei Säulen

Das vorgeschlagene „Q-Wohl“-Label basiert auf drei Säulen (Details in den Quellenangaben unten):

  • Mindeststandards für die Haltungsverfahren,
  • Managementanforderungen
  • und tierbasierte Indikatoren.

Von besonderer Bedeutung sei aber, so Jäger, wie sich alle Haltungsbedingungen zusammen beim Tier auswirkten. „Deshalb spielen in unserem Vorschlag die sogenannten tierbasierten Indikatoren eine besonders große Rolle.“ Sie müssen vom Tierhalter und von den Auditoren regelmäßig erfasst werden.

Das „Q-Wohl“-Label aus Baden-Württemberg setzt (auch) auf Indikatoren, die Aussagen über die Tiergesundheit zulassen. (Tabelle: © Q-Wohl BaWü)

KO-Kriterium „Anbindehaltung“

In dem Pilotprojekt (Projektbericht hier) wurden landesweit 30 Milchviehbetriebe untersucht, die mehrheitlich Kühe der Rassen Holstein-Schwarzbunt (39 Prozent) und Fleckvieh (37 Prozent) hielten.
Labelfähig sind nur Betriebe mit einer Haltung, in der sich die Kühe frei bewegen können. Anbindehaltung ist ein KO-Kriterium; zusätzlicher Freilandauslauf ist für die „Zwei-Sterne-Stufe“ nötig. Vertreten waren Stallbauten aus den letzten fünf Jahrzehnten, die zu 50 Prozent vor dem Jahr 2000 errichtet wurden. Dabei habe sich gezeigt, dass baulich suboptimale Bedingungen im Stall durch qualitativ hochwertiges Management in gewissem Rahmen kompensiert werden könne.
Bei Futterzugang ad libitum ist ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von maximal 1,2 : 1 zulässig. Außerdem verlangt „Q-Wohl“ einen Tierhalter-Sachkundenachweis mit jährlich sechs Fortbildungsstunden.

Ein knappes Viertel der Testbetriebe wäre sofort „labelfähig“ gewesen, 47 Prozent hätten Verbesserungen vornehmen müssen. (Grafik: © Q-Wohl BaWü)

Größtes Problem: Überbelegung

Von den 30 Betrieben hätten sieben sofort eine Zertifizierung erhalten; 14 hätten mit wenig Aufwand Verbesserungen vornehmen müssen. Das wäre binnen drei Monaten möglich gewesen. Größter Problembereich ist die Überlegung (Tier/Freßplatz bzw. Tier/Liegeboxenverhältnis). Dieses Kriterium sei bereits gesetzlich geregelt. Eine Erfüllung müsse daher vorausgesetzt werden, heißt es im Projektbericht. Bei den Managementkriterien, war die zu kurze Nutzungsdauer der häufigste Kritikpunkt.
Das Projekt wolle der „besonderen strukturellen Situation der Milchviehhaltung in Baden-Württemberg“ gerecht werden. Deshalb enthält der flexibel aufgebaute Kriterienkatalog die Möglichkeit von „Alternativen“, so dass auch ältere Stallgebäude und Umbauten ohne Abstriche beim Tierwohl an einem solchen Label-Programm teilnehmen könnten, sagte Jäger.

Übersicht der Alternativen, mit denen „gelb“ gekennzeichnete Betriebe doch noch am „Q-Wohl“-Label teilnehmen könnten. (Tabelle: © Q-Wohl BaWü)

Dabei waren die Projektbetriebe mit einer Tierzahl ab 60 (40 Prozent) beziehungsweise über 100 Milchkühen (60 Prozent) deutlich größer als der typische Baden-Württembergische Milchviehbetrieb. Der hält zu 65 Prozent weniger als 60 Kühe. Auch die Jahresmilchleistung pro Kuh lag mit durchschnittlich 9.027 kg circa 19 Prozent über dem Landesdurchschnitt.

 „Q-Wohl“ schnell realisierbar

„Es gibt noch vieles, was sich für Tier und Mensch im Stall verbessern lässt. Aber es gibt auch schon viel Potential und tolle Ansätze. Manchmal fehlt nur ein kleiner zusätzlicher Schritt, um den Kühen ein spürbar besseres Leben zu bieten“, faßt Jäger die Ergebnisse zusammen. „Q-Wohl“ soll positive Anreize für die Optimierung von Milchviehställen in die Diskussion einbringen.

Während Milch mit Tierwohl-Label des Deutschen Tierschutzbundes bereits bei Lidl und auch Aldi regional im Handel ist, ist „Q-Wohl“ erst ein Vorschlag, wie ein Tierwohllabel für Milchkühe aussehen könnte.

Quellen:
„Q-Wohl-Label“ – Projektbericht (PDF-Download)
Zertifizierungskriterien „Q-Wohl“ (PDF-Download)
Pressemeldung Landestierschutzbeauftragte Baden-Württemberg

 

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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