Gericht: Mehr Platz und Rückzugsmöglichkeiten für Hummer & Co.

Gericht erkennt erstinstanzlich die Leidensfähigkeit von wirbellosen Tieren wie Krebsen und Hummern an. (Foto: © pixabay)

Krebstiere sind grundsätzlich leidensfähig. Gerade deshalb muss auch die Haltung  von wirbellosen Tieren wie Krebsen und Hummern dem Tierschutzgesetz entsprechen. Die Bundestierärztekammer begrüßt ein erstes Gerichsturteil ausdrücklich.

(BTK/jh) –  „Indem vom Gericht anerkannt wurde, dass auch Krebstiere grundsätzlich leidensfähig sind, wurde eine Lanze gebrochen für Lebewesen, die nicht unmittelbar im Fokus des öffentlichen Interesses stehen,“ kommentiert Dr. Uwe Tiedemann. Der Präsident der Bundestierärztekammer (BTK) begrüßt ein erstes Urteil zur tierschutzgerechteren Hälterung von Hummern ausdrücklich.

Gericht erkennt Leidensfähigkeit von wirbellosen Tieren an

Das Verwaltungsgericht Berlin hat für wirbellose Tiere wie Krebsen den Schutz vor vermeidbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden eingefordert – so wie es Paragraph 1 des Tierschutzgesetzes vorsieht. Die Richter bestätigten damit zumindest die Rechtmäßigkeit eines Teils der Auflagen zur Haltung, die das Veterinäramt Spandau einem Lebensmittelgroßmarkt schon vor knapp vier Jahren gemacht hatte. Berufung gegen das Urteil ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung ausdrücklich zugelassen.

Veterinäramt listet Missstände auf

Zu der Reihe von Missständen, die bei der Hälterung der Krebstiere im Einkaufsmarkt von den amtlichen Tierärzten festgestellt wurden, gehörten unter anderen:

  • die mangelnde Abdunkelung der Becken,
  • zu hoher Tierbesatz in den einzelnen Becken,
  • fehlende Rückzugsmöglichkeiten für die normalerweise solitär lebenden Hummer.

Das Veterinäramt forderte außerdem ein Verbot der Abgabe von lebenden Hummern an Endverbraucher.
Das Urteil sei zwar im Detail nur teilweise befriedigend, doch es stärke der Vollzugsbehörde, dem Veterinäramt, den Rücken, um sich in der nächsten Instanz für einen tierschutzgerechten Umgang mit diesen Tieren einzusetzen, lobt Dr. Tiedemann.

Großhändler widerspricht Auflagen

Bereits im April 2013 hatte das Veterinäramt des Berliner Bezirks Spandau einen Einkaufsmarkt kontrolliert. In der Folge ordnete es verschiedene tierschutzrechtliche Maßnahmen zur artgerechten Haltung von lebenden Hummern und anderen Krebstieren an, die dort verkauft wurden. Der Widerspruch des Großhandelsmarkt wurde abgewiesen, worauf der Markt im September 2014 Klage beim Verwaltungsgericht einreichte.
„Paragraph 2 des Tierschutzgesetzes fordert für alle Tiere – eben auch für Wirbellose wie Krebse –, dass sie ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht werden müssen. Aus tierärztlicher Sicht ist das wichtig und richtig!“, erklärt Jan Wolter, Vorsitzender des Ausschusses für Fische der Bundestierärztekammer, der als Gutachter vor Gericht seine Expertise abgab.

Transportverbot für Hummer?

Doch ob und in welchem Umfang die art- und verhaltensgerechte Haltung auch für jeden einzelnen Hummer einzufordern ist, muss noch vor dem Oberverwaltungsgericht geklärt werden. Speziell der Transport außerhalb des Wassers bis zum Großhandel ist tierschutzrechtlich relevant. Geklärt werden muss noch, ob der Verkauf von lebenden Hummern aus Nordamerika aus Tierschutzgründen insgesamt verboten werden sollte. Das hat das Veterinäramt Spandau gefordert.
Es war aber nicht Gegenstand der Verhandlung. Zunächst hatte das Gericht u. a. darüber zu befinden, ob und welche Anordnungen beispielsweise zur Dokumentation der Tierhaltung durch die Behörde erlassen werden dürfen. Ein Punkt, über den keine Einigkeit erzielt werden konnte.

Quellen:
Pressemeldung der Bundestierärztekammer
Prozeßbericht der Erna-Graff-Stiftung

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