Hochansteckende Vogelgrippe zurück in Deutschland

Das Vogelsterben an mehreren Seen rund um Plön und auch am Bodensee ist aufgeklärt: Über hundert Wasservögel waren dort jeweils verendet. Das Friedrich Loeffler-Institut (FLI) bestätigte die hochansteckende Variante der H5N8-Geflügelpest. Das Virus wurde zuvor auch in Polen, Ungarn und Kroatien bei Wildvögeln nachgewiesen. Das Übertragungsrisiko auf Nutzgeflügelbestände hat das FLI inzwischen als „hoch“ eingestuft. (aktualisiert: 10.11.2016 – 11:40)

Den aktuellen Stand des H5N8-Geflügelpest-Ausbruchs finden Sie hier

(jh) – „Das akute Krankheitsgeschehen bei den Wildvögeln ist in dieser massiven Ausprägung besorgniserregend. Der Befund ist Anlass für extrem hohe Wachsamkeit. Wir müssen den Schutz der Geflügelbestände im Land vor einem möglichen Eintrag des Virus verstärken“, teilte Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Landwirtschaftsminister Robert Habeck mit.
Seit dem Wochenende waren am Großen Plöner See und kleineren Seen in der Umgebung sowie im Kreis rendsburg-eckernförde weit über 250 tote Reiherenten, Blässhühner, Möwen, Gänse und Schwäne aufgefunden worden. Das Landeslabor Schleswig-Holstein stellte die Verdachtsdiagnose Geflügelpest, die vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) als hochpathogene aviäre Influenza vom Typ H5N8 bestätigt wurde. Landesweit müssen Tiere in Freilandhaltung jetzt aufgestallt werden.
Auch bei toten Wasservögeln am Bodensee wurde die hochansteckende H5N8-Virusvariante (HPAI H5N8) sowohl von deutscher als auch österreichischer Seite  inzwischen bestätigt. 

FLI: Hohes Risiko für Nutzgeflügelbestände

Aktuelle Empfehlungen des FLI zur Vorbeugung von H5N8-Infektionen (PDF-Download hier) © FLI

Aktuelle Empfehlungen des FLI zur Vorbeugung von H5N8-Infektionen (PDF-Download hier) © FLI

Aufgrund der Todesfälle durch hochpathogene H5N8-Viren bei Wildvögeln in Polen, Ungarn, Schweiz, Österreich und Deutschland ändert das FLI seine Risikoeinschätzung:

„Es ist von einem hohen Eintragsrisiko durch direkte und indirekte Kontakte zwischen Wildvögeln und Nutzgeflügel auszugehen, insbesondere bei Haltungen in der Nähe von Wasservogelrast- und -sammelplätzen. Es gibt Anhaltspunkte für eine Veränderung des Virus. Bisher sind keine Fälle von HPAIV H5N8 Infektionen beim Menschen gemeldet. Verlässliche Aussagen zur Virulenz des Erregers für den Menschen sind derzeit noch nicht möglich, da sich das Virus verändert haben könnte.“

Europaweite Ausbruchswelle: 6 Länder betroffen

Weitere Verdachtsfälle aus Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg (Bodensee) werden noch untersucht. Auch auf der österreichischen und die Schweizer Seeseite untersuchen die Behörden über 100 tote Vögel. Laut österreichischem Gesundheitsministerium trugen einige das H5N8-Virus. Auch hier ist inzwischen die hochpathogene Variante bestätigt.
In den letzten Tagen wurden H5N8-Viren bereits bei Hausgeflügel und wilden Wasservögeln in Ungarn (Puten/Höckerschwan), in Kroatien und in Polen (Möwe, Ente) nachgewiesen. Die Funde am Dammscher See in Polen liegen unweit der Ostseeküste und etwa 20 km Luftlinie von der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern.
In Ungarn hat das Virus auch eine Truthahnfarm erreicht. 9.000 Tiere wurde getötet. Es sei der gleiche asiatische Virusstamm aus der russischen Republik Tuwa (Südsibirien), der zuvor in einem Wildvogel gefunden worden sei, teilt die EU-Kommission mit

Nutzgeflügelhalter: Auf Biosicherheit achten

Das FLI und die Länderbehörden raten zu erhöhter Aufmerksamkeit und empfehlen nachdrücklich, die Biosicherheitsmaßnahmen in den Geflügelhaltungen zu überprüfen und bei Bedarf zu optimieren. Insbesondere sollte der Kontakt von Wildvögeln zu Nutzgeflügel verhindert werden. Dies gilt auch für Vogelhaltungen in Zoos.
Unklare Krankheits- bzw. Todesfälle bei Geflügel sollten durch eine schnellstmögliche Untersuchung auf Geflügelpest abgeklärt werden.
Auch die Wildvogelsituation sollte aufmerksam beobachtet und bei Totfunden unverzüglich die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter informiert werden.

In toten Reiherenten wurde H5n8-Viren sowohl am Plöner-See als auch am Bodensee nachgewiesen. (© Andreas Trepte, www.photo-natur.net)

In toten Reiherenten wurden H5N8-Viren sowohl am Plöner-See als auch am Bodensee nachgewiesen. (© Andreas Trepte, www.photo-natur.net)

Zugrouten als Frühwarnsystem

Erst im Oktober hatte das FLI auf eine Forschungsarbeit hingewiesen, an der weltweit 31 Institute beteiligt waren: Ausgehend vom Ausbruch der Geflügelpest in Südkorea im Jahr 2013, beobachteten die Wissenschaftler die weitere Ausbreitung des H5N8-Virus nach Japan, Nordamerika und Europa entlang der Vogelzugrouten. Die Isolierung und der Vergleich des genetischen Codes des Virus von infizierten Vögeln aus 16 verschiedenen Ländern und weitere dazu in Zusammenhang gebrachte Informationen gaben Aufschluss über den Verlauf der Verbreitung des Geflügelpestvirus H5N8. Die Verbreitung über Wildvögel gilt inzwischen unter Wissenschaftlern als unstrittig.
Infizierte, aber nicht erkrankte Zugvögel transportieren das für Hühner und Puten tödliche H5N8-Virus zumeist auf Langstreckenflügen von Asien zu ihren Brutplätzen in der Arktis und weiter nach Europa und Nordamerika. Beobachtet man Fälle entlang dieser Wege, könnten potentielle Ausbruchsgebiete frühzeitig erkennen und verstärkte Maßnahmen zur Prävention können gezielt umsetzen.

Letzter Ausbruch: Winter 2014/2015

Vor genau zwei Jahren im Winter 2014/2015 trat in Mecklenburg-Vorpommern in einer großen Putenmastanlage des Landkreises Vorpommern-Greifswald und bei in Zoos gehaltenen Vögeln in Anklam und der Hansestadt Rostock ebenfalls Geflügelpest durch eine hochpathogene Variante des Influenza-A-Virus des Subtyps H5N8 auf. Seinerzeit konnte dieses Virus in Deutschland in Einzelfällen auch bei Wildvögeln nachgewiesen werden; allerdings klinisch unauffällig.

Das Virus verursachte damals nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Niederlanden, im Vereinigten Königreich und in Ungarn mehrere Geflügelpestausbrüche in Hausgeflügelbeständen.

Übersicht der Berichte zu bisherigen H5N8-Ausbrüchen hier

Quellen:
Neue Risikoeinschätzung des Friedrich-Loeffler-Institutes (9.11.2016 – PDF-Download)
Pressemeldung des FLI (8.11.2016)
Pressemeldung Landwirtschaftsministerium Schleswig-Holstein (8.11.2016)
Pressemeldung Landwirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern (8.11.2016)
Pressemeldung Österreichisches Gesundheitsministerium (8.11.2016)
Pressemeldung Schweizer Bundesamt für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit (8.11.2016)
Pressemeldung der EU-Kommission (8.11.2016)

Beitragsbild: Andreas Trepte, www.photo-natur.net

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