Zecken: Gehirnentzündung auch bei Hunden in Norddeutschland

Auch im Raum Hannover wurde Zeckenenzephalitis jetzt bei zwei Hunden nachgewiesen. (Foto: © M. Prinke / flickR)

Bisher galt Süddeutschland als DAS Risikogebiet für von Zecken übertragene Gehirnentzündungen bei Mensch und Tier. Jetzt weist die Tierärztliche Hochschule Zeckenenzephalitis erstmals auch bei Hunden im Raum Hannover nach.

(jh/PM) – In den Risikogebieten für eine Zeckenenzephalitis – vor allem in Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen und einzelnen Landkreisen in Rheinland-Pfalz und Thüringen – tragen etwa 0,1 bis 5 Prozent der Zecken das Virus in sich. Damit ist eine Ansteckung zunächst recht unwahrscheinlich.

„Bemerkenswerte“ Fälle

Dass an der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo) jetzt binnen eines halben Jahres die sogenannte zentraleuropäische Zeckenenzephalitis (auch Frühsommer-Meningoenzephalitis, FSME) gleich bei zwei Hunden diagnostiziert wurde, hält Professorin Dr. Andrea Tipold für „sehr bemerkenswert“. Bisher habe man nicht vermutet, dass Zecken mit entsprechendem Virusbefall im hannoverschen Raum vorkommen.“
Der zwölf Jahre alte Mischlingsrüde und der dreijährige Bernhardiner hatten den norddeutschen Raum nie verlassen. Sie infizierten sich vermutlich in der Region Hannover. Beide Hunde verstarben an der schweren Enzephalomyelitis.

Karte: Bisher gilt Süddeutschland als DAS Risikogebiet für Zeckenenzephalitis.

Bisher gilt Süddeutschland als DAS Risikogebiet für Zeckenenzephalitis. (Karte: © Epidemiologisches Bulletin des RKI / 05/2016)

Enzephalomyelitis: immungeschwächte Hunde gefährdet

Bei Tieren tritt die Erkrankung vergleichsweise selten auf, hauptsächlich erkranken Menschen an den Gehirnentzündungen. Professorin Tipold erklärt: „

Tiere besitzen eine hohe natürliche Resistenz gegenüber diesen Viren. Es kommt selten zu klinischen Symptomen.“ Infiziert sich ein Hund, kann das Immunsystem die Viren häufig effektiv bekämpfen. Gefährdet sind demnach hauptsächlich immungeschwächte Tiere. Bei ihnen kann es in Ausnahmefällen zu schwerwiegenden Erkrankungen kommen, die häufig tödlich enden. Erste Symptome können hohes Fieber, Schwäche sowie Bewegungsstörungen sein. Später kann es bei betroffenen Hunden zu Lähmungen, Übererregbarkeit und Krampfanfällen kommen.

 Keine sichere Diagnose möglich

Eine sichere Diagnose, ob es sich bei einer Erkrankung um zentraleuropäische Zeckenenzephalitis handelt, gibt es bisher nicht. Mit einer Blutuntersuchung kann zwar getestet werden, ob die Hunde Antikörper gegen das Virus gebildet haben. Aber da Hunde nach einer Infektion aber nicht unbedingt Symptome zeigen, ist diese Nachweismethode nur bedingt aussagekräftig.
Ein genetischer Virusnachweis im Liquor cerebrospinalis (Gehirnflüssigkeit, Hirnwasser) kann aber einen Hinweis geben –– wie in einem der beschriebenen Fälle“. Bei bereits verstorbenen Hunden kann eine Obduktion Klarheit verschaffen, wie sie auch an der TiHo durchgeführt wurde.

Vorbeugen mit Kontakt-Antiparasitika

Der Erkrankung bei Hunden vorbeugen könne man durch sogenannte Kontakt-Antiparasitika, rät Professorin Tipold. Die Zecken sterben spätestens, wenn sie die Wirkstoffe beim Blutsaugen aufnehmen. So wird die Übertragung der Erreger auf die Haustiere deutlich vermindert. Auch sollten Hundebesitzer ihre Tiere nach dem Spaziergang nach Zecken absuchen. Eine Impfung gegen die zentraleuropäische Zeckenenzephalitis wie sie für Menschen gegen FSME verfügbar ist, gibt es für Hunde bisher nicht.

 Hintergrund

Der Überträger der Krankheit ist der Gemeine Holzbock (Ixodes Ricinus). Die Zeckenart kommt in ganz Deutschland vor und nutzt den Menschen, Hunde und Katzen, aber auch Rinder, Schafen und Ziegen als Wirte. Die Infektion mit dem Virus erfolgt nach einem Zeckenbiss, die Übertragung über den Speichel der Zecke. Die Inkubationszeit beträgt im Durchschnitt zehn Tage, kann aber zwischen einer Woche und einem Monat variieren.

Informationen des Robert-Koch-Instituts (RKI) zur Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)  beim Menschen (FAQ)
Epidemiologische Bulletin des RKI zur Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME / Stand Mai 2016)

Quelle:
Pressemeldung der Tierärztlichen Hochschule Hannover

Beitragsbild: © M. Prinke / flickR

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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