Katzensenioren: Alterserscheinungen oder bereits Krankheit

alter KaterAlter Kater – von Kämpfen gezeichnet, aber ansonsten "altersgerecht" gesund. (Foto:©WiSiTiA/aw)

Nicht nur Menschen werden aufgrund besserer Ernährung und guter medizinischer Versorgung immer älter, sondern auch Haustiere. So sind in den USA mindestens 20 Prozent der Katzen älter als 11 Jahre und gelten als Senior: Was verändert sich, wenn Katzen natürlich altern – und was ist eine (behandlungsbedürftige) Krankheit? („Alte Katzen“ – Teil 1)

(aw) – Als „mittelalt“ gilt eine Katze zwischen sieben und zehn Lebensjahren, zwischen elf und vierzehn ist sie ein „Senior“ und ab fünfzehn Jahren dann schon richtig alt. Spätestens ab dann sollte sie regelmäßig zur Gesundheitskontrolle bei einem Tierarzt gebracht werden, damit eventuell Anpassungen der Fütterung oder der notwendigen Behandlungen vorgenommen werden können. Die typischen „Alterserscheinungen“ erklärt das Journal of Feline Medicine in einer eigene, frei zugängliche Ausgabe.

Teil 2 unserer Serie über alte Katzen finden Sie hier – unter anderem mit Labor-Referenzwerten für die wichtigsten Alterskrankheiten

Für Tierärzte unbedingt empfehlenswert: Der Originalartikel über den Alterungsprozess von Katzen im Journal of Feline Medicine and Surgery (Webseite) oder hier als PDF-Download (beides ein Englisch). Er enthält noch weit mehr Informationen als unsere Zusammenfassung.

Biologie des Alterns

Für den Tierbesitzer hat das Altern seiner Katze durchaus auch angenehme Seiten, etwa den abnehmenden Bewegungsdrang oder das – meistens – bessere Benehmen. Ärgerlich sind dagegen altersbedingte Erkrankungen und Mobilitätseinschränkungen.

Katze

Alte Katze – mager und kränkelnd. (Foto:©WiSiTiA/hh)

Als Altern bezeichnet man das Zusammenspiel komplexer biologischer Prozesse, die zu einer zunehmenden Unfähigkeit führen, die körpereigene Homöostase aufrecht zu erhalten, wenn interne und externe Stressoren auf sie einwirken.
Zum physiologischen Alterungsprozess gehört – genau wie beim Menschen – das Nachlassen von Gehör, Sehen und Riechen sowie Veränderungen an der Muskulatur. Dazu kommen sichtbare Veränderungen an der Elastizität der Haut, verändertes Krallenwachstum und -aussehen und Pigmentflecken oder Sklerosierung der Iris. Verhaltensveränderungen alter Tiere gehen häufig auf neuro-degenerative Prozesse zurück, so etwa ängstliches Verhalten oder nichtbenutzen der Katzentoilette.

Muskeln schwinden – Fett bleibt

Ähnlich wie bei alten Menschen baut auch bei Katzen mit der Zeit die Skelettmuskulatur ab, wobei nicht ganz klar ist, wann dieser Vorgang beginnt und wie er abgemildert werden könnte. Körperfett ist von diesem Abbauprozess erst wesentlich später betroffen. Zudem haben viele alte Katzen degenerative Veränderungen in den Gelenken und Knorpelschäden, ohne dass eine sichtbare Lahmheit besteht. Ab einem Alter von zehn Jahren gehören der Verlust von Muskelmasse und -kraft sowie abnehmende Flexibilität und Aktivität zum normalen Alterungsprozess.

Veränderte Darmflora – Futter anpassen

Einige Untersuchungen legen nahe, dass sich auch die Darmflora im Alter verändert. Die normale Flora setzt sich aus Actinobakterien (z.B.Bifidobakterien) und Firmicutes (z.B. Clostridien, Eubakterien) zusammen; bei älteren Katzen geht häufig der Anteil von Bifidobakterien zurück und das kann zu veränderter Resorption führen. Unter Umständen ist es daher nötig, das Futter umzustellen, etwa von Trocken- auf Feuchtfutter oder gezielt Komponenten zu ergänzen (Fett, Methionin, Vitamin E).

Bluthochdruck – aber keine Arteriosklerose

Auch das Herz-Kreislauf-System bleibt von Veränderungen nicht verschont. Dies äußert sich unter anderem in einem höheren systolischen Blutdruck. Während er bei Katzen zwischen sechs und zehn Jahren im Durchschnitt bei 128,3 + 16,7 mmHG liegt, steigt er bei älteren Tieren auf 140 + 25 mmHG. Fibrosen scheinen für die normalen Veränderungen im Gefäßsystem verantwortlich zu sein, denn Katzen neigen im Gegensatz zu Menschen nicht zu Arteriosklerose.

Altersdiabetes – natürliche Insulinresistenz

Endokrinologische Veränderungen betreffen zum einen T4, das bei Katzen über zehn Jahren langsam anzusteigen scheint und für den altersbedingten Gewichtsverlust verantwortlich sein könnte. Außerdem legen verschiedene Untersuchungen nahe, dass ältere Katzen eine natürliche Resistenz gegen Insulin entwickeln. Diese Resistenz scheint weniger von der Fütterung abhängig zu sein als vom Körpergewicht, wobei übergewichtige Katzen eher gefährdet sind an Diabetes zu erkranken als normalgewichtige Tiere.

Gesundheitsproblem Nr.1 – chronisches Nierenversagen

Das größte Gesundheitsproblem älterer Katzen ist nach wie vor das chronische Nierenversagen. Die Prävalenz hierfür liegt für Katzen über zwölf Jahren bei knapp 81 Prozent. Dieser Prozentsatz umfasst sämtliche Stadien des Nierenversagens, also auch die noch kompensierten Erkrankungen des Stadium 1. Urheber scheinen tubulointerstitielle Fibrosen zu sein, die sich altersbedingt bilden. Bei Katzen über 15 Jahren tritt die chronische Niereninsuffizienz häufig in Kombination mit degenerativen Gelenkentzündungen auf. Eventuell sind unspezifische Entzündungsmechanismen oder Defizite im Immunsystem ausschlaggebend für die Erkrankungen.

Ein weiteres Phänomen im Rahmen des Alterungsprozesse ist die Qualität von Blasensteinen. Während sich bei Katzen bis zu einem Alter von sieben Jahren vorwiegend Struvitsteine entwickeln, überwiegen bei älteren Katzen Oxalatsteine.

Alterssymptome und Krankheiten unterscheiden

Der Alterungsprozess bei Katzen hinterlässt in jedem Organsystem seine Spuren, wobei einige Veränderungen einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit der Tiere haben können. Es ist daher wichtig, „normale“ Alterserscheinungen und beginnende Erkrankungen unterschieden zu können, um rechtzeitig eine entsprechende Therapie einzuleiten.
Gerade eine dem Alter angepasste Fütterung und Gewichtskontrolle kann ungünstige Entwicklungen abmildern. Insgesamt bestehe erheblicher Forschungsbedarf, um etwa anhand von Laborwerten und anderen Parametern „normale“ von pathologischen Befunden zu unterschieden, schreiben die US-Kollegen.

Quelle:
Journal of Feline Medicine

Teilen
Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
Web Design MymensinghPremium WordPress ThemesWeb Development

Wildtiere: Hilfe kann auch Leid bedeuten

9. März 20169. März 2016
Ein Faltblatt gibt Tipps zum Umgang mit Wildtieren. (©Landestierschutzbeauftragte Hessen / Erni/Fotolia.com)„Wildtiere brauchen in den aller seltensten Fällen menschliche Hilfe," sagt die Landestierschutzbeauftragte Hessen. Was tun kann, wer ein Wildtier findet – oder aber auch besser lassen sollte – erklärt ein Flyer, den Dr. Madeleine Martin zusammen mit der Landestierärztekammer Hessen herausgegeben hat. (mehr …)