Schwierige Kunden – schwierige Diagnosen

"Schwierige Patienten(Besitzer)" verschlechtern die Arztleistung (Foto: © WiSiTiA/Henrik Hofmann)

Es gibt immer wieder „schwierige Kunden“, mit denen der Umgang – gelinde gesagt – keinen Spaß macht. Eine Untersuchung aus der Humanmedizin belegt jetzt, dass das weitreichende Folgen haben kann.

von Henrik Hofmann

Der Patientenbesitzer lässt den Tierarzt oder die TFA nicht ausreden, argumentiert unsachlich, nörgelt unverschämt herum, stellt die fachliche Qualifikation in Frage und behandelt den Gesprächspartner wie einen Gegner. Diese Situation dürfte in Tierarztpraxen nur all zu vertraut sein. Dass das auch die Qualität der Medizin beeinflusst, war bislang nur eine Vermutung. Aktuelle Untersuchungen belegen jetzt, dass das tatsächlich so ist. Je nach Studie liegt die Quote, in solchen Fällen eine falsche Diagnose zu stellen, bei 20 bis über 40 Prozent!

Konflikte verbrauchen „mentale Ressourcen“

Die Autorin Silvia Malmede vom Institute of Medical Education Research in Rotterdam sieht als Ursache, dass „die Ärzte eben „einen Teil ihrer mentalen Ressourcen für den Umgang mit der schwierigen Patienten“ verbrauchen: „Schwierige“ Verhaltensweisen behinderten eine angemessene Verarbeitung von klinischen Befunden. Mit anderen Worten: Mediziner verwenden Konzentration und Denkvermögen auf die Kommunikation anstatt auf medizinische Zusammenhänge.

„Problempatienten“ als Herausforderung

Schwierige Patienten sind – allgemein gesagt – solche, die negative Gefühle bei ihrem Gegenüber auslösen: Ärger, Frust, Wut, Überforderung oder Hilflosigkeit.
Und: es gehören immer zwei dazu, damit jemand zu einem schwierigen Patienten wird. Den einen Mediziner nervt es vielleicht, wenn jemand ständig abschweift, tausend Internetdiagnosen dazwischen wirft, ohne Punkt und Komma redet und Fragen nicht beantwortet. Ein anderer kann damit gut umgehen. Ihn nerven dafür andere Dinge.

Der „innere Widerstand“

Man empfindet einen inneren Widerstand gegenüber ihrem Verhalten, das man für ungerechtfertigt oder inadäquat hält. Bei Problempatienten spielt die Tatsache, dass ein Großteil der zwischenmenschlichen Kommunikation auf der unbewussten Gefühlsebene abläuft, eine wichtige Rolle. Doch wie damit umgehen? Der Düsseldorfer Gynäkologe Marek Sadowski meint gegenüber dem Ärzteblatt: „Wir sollten das Gespräch mit einem schwierigen Patienten als Herausforderung ansehen, die wir positiv bewältigen und in der wir uns ganz besonders bewähren wollen.“

Keine Wortgefechte mit Nörglern

Der Patient dürfe keinesfalls von vornherein als „lästiger Nörgler“ behandelt werden, mit dem man sich auf ein Wortgefecht einlässt. Es empfiehlt sich, Emotionen und Gesprächsgegenstand konsequent zu trennen, Interessen abzuklären, Alternativlösungen zu entwickeln und gemeinsam mit dem Patienten Konsens zu finden. Tierärzte sind zudem nicht für Urteile zuständig, sondern zum Beispiel für Diagnose und Therapie. Hinzu kommt, dass viele negative wie positive Gefühle durch Übertragungen entstehen.

Malmende und Kollegen empfehlen, von vornherein ein Bewusstsein für mögliche negative Einflüsse von schwierigen Patienten beziehungsweise deren Verhaltensweisen auf die diagnostische Entscheidungen einzukalkulieren – und dieser Situation ihre Aufmerksamkeit anzupassen. In größeren Praxen besteht zudem die Möglichkeit, schwierige Kunden weiter zu reichen an Kollegen, die mit ihnen „besser können“.

Quellen sind im Text direkt verlinkt

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Über den Autor

Dr. Henrik Hofmann

Dr. Henrik Hofmann (hh) betreibt seit 1995 eine eigene Tierarztpraxis in Butzbach. Er ist Fachtierarzt für Allgemeine Veterinärmedizin und hat die Zusatzbezeichnung Akupunktur. (www.tierundleben.de) Als Autor und Redakteur hat Hofmann in etlichen Zeitschriften und Zeitungen rund ums Tier geschrieben. Bei wir-sind-tierarzt.de betreut er schwerpunktmäßig Medizinthemen, den Bereich Praxismanagement und die Rubrik Mensch-Tierarzt. Außerdem steuert er die SocialMedia-Aktivitäten und leitet die Bildredaktion. Zuletzt ist sein Buch „Tieren beim Sterben helfen – Euthanasie in der Tierarztpraxis“ erschienen. Kontakt: henrik.hofmann(at)wir-sind-tierarzt.de
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