Steht ein Schwein auf dem „Balkon“ …

Erhöhte Ebenen in der Schweinebucht schaffen mehr Platz, müssen aber Sicherheits- und Tierschutzanforderungen erfüllen. (Foto: © Friedrich-Loeffler-Institut)

Zu wenig Platz für die Tiere – das ist ein Vorwurf in der Schweinehaltung. Strukturierte Buchten mit sogenannten „Balkonen“ könnten über eine zweite Ebene mehr Platz schaffen. Das Friedrich-Loeffler-Institut beschreibt entsprechende Pläne aus Holland und leitet daraus Empfehlungen für deutsche Ställe ab. Wichtig: Der zusätzliche Platz soll nicht dafür herhalten dürfen, die Besatzdichte in der Bucht zu erhöhen.

(jh/FLI) –  Strukturierte Buchten sollen es Schweinen ermöglichen, verschiedene Verhaltensweisen an unterschiedlichen Orten auszuleben: So können sie unterschiedliche Bereiche zum Liegen, andere für Verhaltensaktivitäten wie Erkunden, Sozialverhalten oder zur Nahrungsaufnahme nutzen – und zwar ohne, dass zum Beispiel aktive Tiere die ruhenden stören.
Um eine Bucht zu strukturieren braucht es also zusätzliche Flächen. Mit einer zweiten, erhöhten Ebene – einem „Balkon“ – kann dies grundsätzlich erreicht werden, sagt das FLI. Doch diese „Balkone“ sollten eine ganze Reihe Anforderungen erfüllen – nicht nur was die Sicherheit angeht.

Vorbild: Holländischer Gesetzesentwurf  „Schweine-Balkone“

Die Niederlande planen einen Gesetzesentwurf zur Gestaltung solcher erhöhten Ebenen. Dessen Vorgaben – so empfiehlt es das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in einer Stellungnahme (PDF-Download hier) – sollten auch für Deutschland übernommen werden.
Das FLI beschreibt die im Nachbarland geplanten Anforderungen (Mindest- und maximale Größe / Bodenbeschaffenheit / Neigung und Art der Rampe / etc.) in seinem Papier sehr ausführlich und listet auch dazugehörige Studien auf.
So wollen die Holländer für Aufzucht und Mast maximal 40 Prozent der (ebenerdigen) Buchtengrundfläche als zusätzliche Fläche für die erhöhte Ebene erlauben. Das soll verhindern, dass durch eine größere „Balkon“fläche die Beobachtung von Tieren, die sich unterhalb der Ebene aufhalten, beeinträchtigt wird.

Sicherheit gewährleisten

"Balkone" verbessern die Buchtenstruktur – aber nur mit Geländer und trittsicherer Rampe. (Foto: © Friedrich-Loeffler-Institut)

„Balkone“ verbessern die Buchtenstruktur – aber nur mit Geländer und trittsicherer Rampe. (Foto: © Friedrich-Loeffler-Institut)

Fazit: Die erhöhten Ebenen werden durch Schweine recht gut angenommen, einzelne Untersuchungen sehen sogar weniger Schwanzbeissen. Aber es gibt auch Risiken für die Tiergesundheit: Geländer sind ein Muss, trittsichere Rampen ebenso. Auf dem „Balkon“ ist es meist auch wärmer und die „Zwischendecke“ kann Auswirkungen auf das Stallklima haben. Die Luftzirkulation muss als gut berechnet werden. Zu allen Punkten liefert das FLI-Papier Hinweise und Beispiele.

„Balkone“ nicht auf Mindeststallfläche anrechenbar

Als Schlussfolgerung aus den holländischen Gesetzesvorgaben empfiehlt das FLI:

  • Die Fläche der erhöhten Ebene sollte auf die rechtlich vorgeschriebene Mindestfläche der Bucht nicht angerechnet werden.
  • Die zulässige Besatzdichte einer, um eine erhöhte Ebene erweiterten Bucht sollte nach der Brutto-Fläche der Bucht errechnet werden, d. h. nach der ebenerdigen Fläche ohne Abzug der anteiligen Fläche unterhalb der Rampe.
  • Die rechtlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen zur Versorgung der Tiere mit Futter, Wasser und Beschäftigungsmaterial sollten auf der ebenerdigen Fläche der Bucht gewährleistet sein.
  • Die erhöhte Ebene und die Rampe müssen die rechtlichen Vorgaben hinsichtlich Bodenbeschaffenheit, Maßnahmen zur Vermeidung von Verletzungen und Stallklima erfüllen.
  • Bei den Anforderungen an die Größe und Ausgestaltung der erhöhten Ebene sollten die im Gesetzgebungsverfahren befindlichen, niederländischen Regelungen berücksichtigt werden.
  • Die Anrechnung der Fläche einer erhöhten Ebene im Rahmen freiwilliger Programme, die über die rechtlichen Mindestanforderungen hinausgehen, bleibt hiervon unbenommen.

Quelle:
FLI-Empfehlung „Erhöhte Ebenen in der Haltung von Aufzuchtferkeln und Mastschweinen“ – das Papier fasst Forschungsergebnisse zusammen, referiert die in den Niederlanden geplanten Anforderungen und zieht daraus Schlussfolgerungen für rechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland.

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