EU contra Standesrecht: „diskriminierend, überflüssig und unverhältnismäßig“

Kritisiert deutsches Standesrecht: Elżbieta Bieńkowska. (Foto: ©EU/Georges Boulougouris – Montage WiSiTiA/jhKritisiert deutsches Standesrecht: Elżbieta Bieńkowska. (Foto: ©EU/Georges Boulougouris – Montage WiSiTiA/jh

Feste Tierarztgebühren und das Verbot der Kapitalbeteiligung an Tierarztpraxen – die EU verschärft gegen Deutschland und drei weitere Länder die Vertragsverletzungsverfahren. Begründung: Diese Länder lassen unverhältnismäßige und nicht gerechtfertigte Hindernisse bei freiberuflichen Dienstleistungen zu.

(jh/PM) – Gerade hat wir-sind-tierarzt.de über die rechtlich wackelige Position deutscher Berufsordnungen gegenüber Kapitalinvestoren berichtet (hier), da verschärft Elżbieta Bieńkowska, EU-Kommissarin für Binnenmarkt und Industrie den Ton:

Kritisiert deutsches Standesrecht: Elżbieta Bieńkowska. (Foto: ©EU/Georges Boulougouris – Montage WiSiTiA/jh

Kritisiert deutsches Standesrecht: Elżbieta Bieńkowska. (Foto: ©EU/Georges Boulougouris
– Montage WiSiTiA/jh

„Immer noch gibt es unnötige Beschränkungen in Bezug auf die Rechtsform und Beteiligungen am Gesellschaftsvermögen. Ebenso wie feste Honorarsätze verhindern sie, dass der Binnenmarkt für freiberufliche Dienstleistungen optimal genutzt werden kann. Diese verschleierten Hindernisse sind diskriminierend, überflüssig und unverhältnismäßig. Wenn Unternehmen und Einzelpersonen ihre Dienstleistungen in der ganzen EU frei anbieten können, bringt das den Verbrauchern mehr Auswahl und macht die EU wettbewerbsfähiger.“

Angriff auf Kammerrecht

Konkret bemängelt die EU „übermäßige Anforderungen an die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen“, die sich fast im Wortlaut in mindestens sieben tierärztlichen Berufsordnungen von Landestierärztekammern finden. Die EU-Kommission kritisiert, dass „… zur Bedingung gemacht wird, dass die Stimmrechte und das Kapital an einer Gesellschaft nur von Berufsangehörigen gehalten werden können oder sich der Sitz eines Unternehmens in einem bestimmten gerichtlichen Zuständigkeitsbereich befinden muss.“ Solche Regeln würden „die Zweitniederlassung oder die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen erschweren“ – und das sei nicht mit EU-Recht vereinbar.

GOT noch nicht direkt im Visier

Bei der EU-Kritik an „festen Mindest- und Höchsthonoraren“ ist die deutsche Gebührenordnung für Tierärzte (noch) nicht explizit genannt. Das EU-Vertragsverletzungsverfahren richtet sich hier gegen die österreichische Tierarztgebühren-Ordnung mit festen Stundensätzen (PDF-Download) – und in Deutschland gegen die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Da die deutsche GOT eine Honorarspanne (1 bis 3facher Satz) mit Ausnahmeregeln definiert, ist noch nicht endgültig klar, ob die EU auch dies als „Vertragsverletzung“ wertet, sprich: ob sie darin „Mindest- und Höchsthonorare“ sieht oder ein ausreichend flexibler Spielraum besteht.

Quelle: Pressemeldung der EU-Kommission

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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