Verschreibungspflicht weg: Mehr Permethrin-Vergiftungen bei Katzen

Der Wegfall der Verschreibungspflicht, fehlendes Wissen bei Tierhaltern/Apothekern und steigende Permethrin-Vergiftungsfälle bei der Katze – hier gibt es einen Zusammenhang: Zahlen belegen, dass mit der freien Verkäuflichkeit auch die Probleme gestiegen sind. Eine Übersicht mit Behandlungstips.

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von Annegret Wagner

Permethrin ist ein Insektizid und Akarizid aus der Gruppe der Pyrethroide und wird bei Hunden zur Bekämpfung von Flöhen, Milben und Zecken eingesetzt. Für Katzen dagegen ist Permethrin hochgiftig, weil sie – im Gegensatz zu Hunden – eine verminderte Glucuronyltransferase-Aktivität aufweisen. Deshalb können Katzen den Wirkstoff in der Leber schlecht verstoffwechseln. Die letale Dosis liegt bei 100mg pro Kilogramm Körpergewicht.

Mehr Vergiftungsfälle mit OTC-Verkauf

Schon 1994 wurde mit Exspot in Deutschland das erste Permethrin-Medikament zur Zecken und Flohbekämpfung beim Hund als verschreibungspflichtiges Medikament zugelassen und eingesetzt. Ihm folgten in 2003 Preventic und im Jahr 2004 Advantix. Mittlerweile tummeln sich noch weitere Permethrin-Produkte auf dem Markt. Aber: Bis 2005 gab es so gut wie keine Berichte über Vergiftungen bei Katzen (siehe Grafiken in der Bildergalerie).

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Ab 2003 verlor Deltamethrin die Verschreibungspflicht und seit 2005 werden mehr Katzen mit Vergiftungserscheinungen gemeldet und behandelt. Die Zahlen, die Privatdozentin Dr. Ilka Emmerich (Leipzig) vorstellte, zeigen: Die Tierbesitzer sind beim Over the Counter-Verkauf (OTC) nicht ausreichend über die Wirkweise (und Gefahren) des jeweiligen Präparates informiert. Spürbar ist das auch, weil – nachdem die Produkte 2010 wieder als verschreibungspflichtig eingestuft wurden –, die Zahl der Vergiftungen abgenommen hat.
Mit dem Wegfall des Versandhandelverbotes 2011, stieg parallel auch die Vergiftungsquote für Katzen wieder leicht an.
Selten lässt sich anhand eines Wirkstoffs so deutlich dokumentieren, welche negative Auswirkungen die Freigabe von Medikamenten haben kann.

Verzögerte Vergiftung bei Aufnahme über die Haut

katze scheren

Erste Hilfe nach Permethrin-Auftrag: Katze scheren und baden (Foto: © WiSiTiA/hh)

Wann eine Katze Vergiftungssymptome zeigt, kann sich zeitlich sehr stark unterscheiden: Lecken die Tiere das Medikament ab, erkranken sie sehr schnell; wird es über die Haut resorbiert, kann es bis zu drei Tage dauern, bevor erste Krankheitsanzeichen zu erkennen sind. Hierbei stehen zentralnervöse Symptome wie Muskelzuckungen, generalisierter Tremor, Anfälle, Hyperästhesie, Ataxie, vermehrter Speichelfluss sowie Erbrechen im Vordergrund.

Erste Hilfe: Waschen

Als erste Notfallmaßnahme sollte man die Katze waschen, um das Präparat vom Tier zu entfernen. Zusätzlich hat es sich bewährt, das Fell im Bereich der Applikation weg zu schneiden oder zu rasieren.
Neben der symptomatischen Behandlung, gibt es mittlerweile auch die Möglichkeit, Lipidemulsionen zu injizieren. Diese sollen das sehr lipophile Permethrin in die (durch sie vergrößerte) Lipidfraktion des Blutes leiten. Bislang gibt es nur humanmedizinische Präparate, so etwa das Lipofundin MCT 20 Prozent, das beim Menschen zur parenteralen Ernährung verwendet wird.

Drei Behandlungsschemata für Lipidemulsionen

Dr. Emmerich schlägt drei verschiedene Behandlungsschemata vor:

  1. Initialgabe von 1,5 Milliliter Lipofundin MCT 20% pro Kilogramm Körpergewicht, langsam intravenös, daran anschließend 0,25 ml pro Kilogramm über rund eine Stunde. Diese Prozedur kann, je nach Schweregrad nach 15 Minuten wiederholte werden.
  2. Am Anfang zwei Milliliter pro Kilogramm Körpermasse, danach verteilt über vier Stunden weitere vier Milliliter pro Kilogramm.
  3. Zwei Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht, insgesamt acht Mal im Abstand von jeweils 30 Minuten.

Beitragsbild: © 2016 WiSiTiA/hh

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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