Pelztierhaltungsverbot stockt – Schwindel mit Importpelzen

Ob Nerze überhaupt artgerecht gehalten werden können ist fraglich. Als Pelzlieferant in Nerzfarmen will eine Bundesratsinitiative ihre Haltung auf jeden Fall verbieten. (Foto © gbohne, CC-BY-SA 2.0)Ob Nerze überhaupt artgerecht gehalten werden können ist fraglich. Als Pelzlieferant in Nerzfarmen will eine Bundesratsinitiative ihre Haltung auf jeden Fall verbieten. (Foto © gbohne, CC-BY-SA 2.0)

Blockieren CDU/CSU-Abgeordnete das von Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt geplante Verbot der Pelztierhaltung in Deutschland? Entsprechende Signale aus dem zuständigen Agrarausschuss des Bundestages führten zu Protesten von Tierschützern. Die Stiftung Warentest belegt unterdessen: Echte Pelze werden als Kunstpelz verkauft.

(jh) – Vor allem die Wirtschaftspolitiker aus der Union aber auch deren tierschutzpolitischer Sprecher Dieter Stier lehnten ein Verbot der Pelztierhaltung in Deutschland klar ab, berichten die Grünen aus dem Agrarausschuss. Das Ministerium komme mit seiner Verbotsinitiative keinen Schritt weiter. Die Unionspolitiker sehen einen Konflikt mit der Berufsausübungsfreiheit.
Auf Initiative der Grünen erläuterte das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) im Bundestags-Ausschuss für Landwirtschaft und Ernährung den Zwischenstand zum Verbot der Pelztierhaltung: Ein mögliches Pelzfarmverbot würde noch geprüft. Einen zeitlichen Rahmen dafür gäbe es nicht. Das Ministerium plant nicht – wie vom Bundesrat gefordert – das Tierschutzgesetz zu ändern, sondern will das Verbot über Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetz umsetzen.

Landwirtschaftsminister Schmidt will ein Verbot

Noch im Dezember hatte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt in der Tierschutzdebatte im Bundestag und in den Medien erklärt: „Ich will ein Haltungsverbot für Pelztiere erreichen… und erwarte, dass wir hier bald zu Lösungen kommen.“
Eine Bundesratsinitiative – angestoßen von Schleswig-Holstein (wir-sind-tierarzt berichtete) – hatte Schmidt schon im Juni ebenfalls ausdrücklich begrüßt: „Da ein Pelzmantel kein elementares Grundbedürfnis ist, besteht auch kein Grund zum Halten und Töten von Tieren zur Pelzgewinnung.“ Er freue sich über die Unterstützung der Bundesländer, die Haltung und das Töten von Pelztieren, die zur Pelzgewinnung genutzt werden, zu verbieten. Offenbar sei es auch durch die Festlegung von neuen Anforderungen an die Pelztierhaltung in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nicht gelungen, eine tierschutzgerechte Haltung sicherzustellen. „Nach unseren Informationen werden diese von den Betrieben häufig nicht beachtet,“ erklärte der Minister.

Übergangsfrist von zehn Jahren

Den – je nach Quelle – acht bis zehn noch in Deutschland existierenden Pelztierfarmen wollten Bundesregierung und Bundesrat eine Übergangsfrist von zehn Jahren einräumen. Das ist Tierschützern viel zu lang. Bis heute würden die Pelzfarmer die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nicht umsetzen. Sollte die Farmen noch weitere zehn Jahre erlaubt sein, sei zu befürchten, dass diese Tiere weiterhin unter tierschutzwidrigen Bedingungen gehalten und getötet würden, kritisiert die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN.

Tierschutzbund: „Minister soll Rückgrat zeigen“

Notfals anzünden – nur nicht im Laden. Wie man Kunstpelz von echtem Pelz unterscheidet. (Grafik: ©WiSo/ZDF)

Notfals anzünden – nur nicht im Laden. Wie man Kunstpelz von echtem Pelz unterscheidet. (Grafik: ©WiSo/ZDF)

„Wir haben immer gesagt, ein Minister muss sich an seinen Taten, nicht an seinen Ankündigungen messen lassen. Jetzt muss Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt Rückgrat zeigen und das angekündigte Verbot der Pelztierhaltung gegen die Widerstände in der Union durchsetzen,“ kommentiert auch Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, den Konflikt zwischen Ministerium und Unionspolitikern. Die Tierschützer kämpfen aktuell mit einer Kampagne gegen Pelzmode und die damit verbundene Pelztierhaltung.

Stiftung Warentest: Pelzschwindel bei Importen

Auch für importierte Pelze fordern die Grünen eine bessere Kennzeichnung: Tierart, das Herkunftsland und die Art der Haltung müssten klar benannt werden. Die Stiftung Warentest hatte aufgedeckt, dass in Deutschland Importpelze als Kunstpelz verkauft würden.
Die Bundesregierung solle sich ein Beispiel an der Schweiz und Österreich nehmen, wo es deutlich bessere Kennzeichnungsregelungen und ein Haltungsverbot für Tiere zur Pelzerzeugung gibte, sagte die Tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen, Nicole Maisch.

Quellen:
Presserklärung Nicole Maisch (Tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen) zur „Tierschutz-Blockade der CDU“ (27.1.2016)
Pressstatement Deutscher Tierschutzbund zur Sitzung des Agrarausschuss (27.1.2016)
Presseerklärung der Tierschutzorganisation Vier Pfoten (27.1.2016)
BMEL zum Bundesratsantrag „Verbot der Pelztierhaltung“ (7/2015)
Special der Stiftung Warentest zum Herkunftsschwindel bei Pelzmode

Die rechtliche Grundlagen für ein Pelztierhaltungsverbot (PROVIEH – PDF-Download) – Kernaussage: Die Tötung von Tieren zur Pelzgewinnung ist kein vernünftiger Grund gemäß Tierschutzgesetz und von daher verboten. Ein Verbot der Pelztierhaltung zu Tötungszwecken wäre eine Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 2 GG.

Diese Günde sprächen gegen eine Pelztierhaltung – ©Infografik der Tierschutzorganisation VIER PfOTEN

Diese Günde sprächen gegen eine Pelztierhaltung – ©Infografik der Tierschutzorganisation VIER PfOTEN

 

Beitragsbild: Nerz – Foto © gbohne, CC-BY-SA 2.0

 

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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