BMEL: Das neue Eckpunkte-Papier zum Antibiotikaeinsatz bei Tieren

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt zum Eckpunkte-Papier "weitere Regelungen
für den Einsatz von Antibiotika bei Tieren". (Foto: ©BMEL/Köhler - Montage: WiSiTiA/jh)Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt zum Eckpunkte-Papier "weitere Regelungen
für den Einsatz von Antibiotika bei Tieren". (Foto: ©BMEL/Köhler - Montage: WiSiTiA/jh)

Lange erwartet und jetzt offiziell: Das Eckpunkte-Papier des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) zu „Antibiotika mit besonderer Bedeutung“ liegt vor. Demnach sollen Fluorchinolone, Cephalosporine (3./4. Generation) und Macrolide in der Tiermedizin nur noch in Ausnahmefällen umgewidmet werden dürfen. Die Einschränkung soll aber nicht für Minor-Species gelten. Außerdem werden Antibiogramme weitestgehend Pflicht.

von Jörg Held

Die Agraraministerkonferenz der Länder hat vom Bund mehrfach eine Liste der sogenannten „Reserveantibiotika“ gefordert. Auf dem bpt-Kongress in München wurde sie für die Kalenderwoche 42 angekündigt, aber erst am 30. Oktober von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt offiziell unterschrieben denn schon vorab gab es Kritik. Jetzt aber liegt das Eckpunkte-Papier für weitere Regelungen für den Einsatz von Antibiotika bei Tieren“ auch offiziell vor.

Kein Komplettverbot

Was schon im Vorfeld deutlich wurde, hat sich bestätigt: Das befürchtete Komplettverbot von sogenannten „Reserveantibiotika“ für die Tiermedizin wird es nicht geben. Minister Schmidt hat dazu erklärt: „Reserveantibiotika müssen für die Behandlung von Mensch und Tier erhalten bleiben.“
Dennoch gibt es Einschränkungen. Die wichtigsten Punkte des Papieres haben wir unten zusammengefasst. Den kompletten Wortlaut finden Sie hier (PDF-Download).
Bis Februar 2016 haben die tierärztlichen Berufsverbände und andere Interessenvertreter jetzt Zeit, Stellungnahmen zum „Eckpunkte-Papier“ abzugeben. Darauf basierend sollen die Regelungen dann in einer Änderung der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung (TÄHAV) verbindlich werden.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt zum Eckpunkte-Papier "Weitere Regelungen 
für den Einsatz von Antibiotika bei Tieren". (Foto: ©BMEL/Köhler - Montage: WiSiTiA/jh)

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt zum Eckpunkte-Papier „Weitere Regelungen 
für den Einsatz von Antibiotika bei Tieren“. (Foto: ©BMEL/Köhler – Montage: WiSiTiA/jh)

Zentrale Aussagen des Eckpunkte-Papiers:

Dieser Satz beschreibt das Ziel der geplanten Regulierung:

„Im Rahmen eines verantwortungsvollen Antibiotikaeinsatzes sollen Wirkstoffe, die für die Behandlung von Infektionskrankheiten des Menschen besondere Bedeutung haben und insbesondere auch gegen gram-negative Bakterien wirken, bei Mensch und Tier nur zum Einsatz kommen, wenn andere Wirkstoffe nicht zu einer Heilung führen.“

Umwidmungsverbot für Antibiotika mit besonderer Bedeutung

Um das Ziel zu erreichen, plant das BMEL ein Umwidmungsverbot für „kritische Wirkstoffe“, die jetzt offiziell wie folgt definiert werden:

„Das Umwidmungsverbot soll die Anwendung von Tierarzneimitteln umfassen, die Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Makrolide oder Fluorchinolone enthalten.

Das Umwidmungsverbot soll für die Behandlung folgender Tierarten gelten: Rind, Pferd, Schwein, Huhn, Pute, Hund und Katze (Für Minor-Species bleiben Umwidmungen also erlaubt – Anm.d. Red.).

Ziel dieser Regelung ist also, dass Arzneimittel mit den o.g. Wirkstoffen bei den o.g. Tierarten nur bei den in der Zulassung genannten Tierarten und Anwendungsgebieten angewendet werden dürfen, d.h. die strikt zulassungskonforme Anwendung. Beispielsweise kann ein für die Behandlung von Atemwegserkrankungen zugelassenes Präparat nicht für die Behandlung von Durchfallerkrankungen eingesetzt werden.

In fachlich begründeten Einzelfällen soll durch eine entsprechende Regelung die Behandlung der o.g. Tierarten abweichend vom Umwidmungsverbot erlaubt werden.“

Antibiogramme werden Pflicht

Damit diese „kritischen Antibiotika“ nur dann eingesetzt werden, wenn andere Stoffe nicht wirken, sollen Antibiogramme verpflichtend werden.

„Der Tierarzt soll verpflichtet werden, in bestimmten Fällen im Rahmen der Behandlung ein Antibiogramm zu erstellen oder erstellen zu lassen. In Anlehnung an die Empfehlungen der Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antibakteriell wirksamen Tierarzneimitteln der Bundestierärztekammer soll die Verpflichtung zur Erstellung eines Antibiogramms für folgende Fälle vorgesehen werden:

  1. Im Fall eines Wechsels des Antibiotikums im Verlauf einer Therapie (aufgrund von Therapieversagen),
  2. im Falle des wiederholten oder längerfristigen Einsatzes eines Antibiotikums bei einem Tier oder in einem Tierbestand; in diesen Fällen ist das Antibiogramm in regelmäßigen Abständen zu fertigen,
  3. im Falle der kombinierten Verabreichung von Antibiotika bei einer Indikation,
  4. im Fall der Abweichung von den Vorgaben der Zulassungsbedingungen (Umwidmung),
  5. sofern in der Packungsbeilage die Durchführung eines Antibiogramms vor einer Anwendung empfohlen wird,
  6. bei der Anwendung von Wirkstoffen mit besonderer Bedeutung für die Humanmedizin oder
  7. beim Auftreten neuer Krankheitsbilder in einem Betrieb.“

Welche Tests sind vorgeschrieben?

Außerdem sollen „technischen Anforderungen für die verpflichtend durchzuführenden Antibiogramme“ festgelegt werden. Dazu heißt es u.a.:

„Die Auswahl der Proben ist so zu gestalten, dass sie repräsentativ für die Erkrankung und ggf. für die erkrankte Tiergruppe sind. Das Verfahren der Probenahme muss dem Stand der Veterinärmedizinischen Wissenschaft entsprechen.

Die Resistenzbestimmung muss so durchgeführt werden, dass ein quantitatives Ergebnis ermittelt wird, das anhand klinischer Grenzwerte, durch epidemiologische Cut Off-Werte oder, wenn keine Grenzwerte vorliegen, anhand der minimalen Hemmkonzentration (MHK) beurteilt werden kann. Hierzu zählen die Bouillon-Mikrodilution, die Bouillon-Makrodilution und auch das Agardilutions-Verfahren. Ggf. kann auch das Agardiffusions-Verfahren, vorzugsweise als E-Test, verwendet werden.“

Den Wortlaut des Eckpunkte-Papiers können sie hier nachlesen (PDF-Download).

Praktiker, die Anmerkungen dazu haben, welche der geplanten Vorschriften warum in der Praxis Probleme machen könnten, können diese bis Anfang Januar an den Bundesverband der praktizierenden Tierärzte (bpt) und/oder die Bundestierärztekammer (BTK) weitergeben. Die Verbände arbeiten sie dann in ihre Stellungnahmen ein.

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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