EDEKA-Tochter Netto führt Initiative Tierwohl-Anstrengungen ad absurdum

Ramschpreiswerbung von Netto-Marken-Discount für rein deutsche Fleischprodukte (© ISN)

Der „Netto Marken-Discount“ gehört zu denen, die laut Eigenwerbung eigentlich „Lebensmittel lieben“– zu EDEKA. Doch eine neue „5-D“-Produktreihe, bei der die Tiere von der Geburt bis zur Schlachtung in Deutschland gehalten werden, startet mit drastischen Preissenkungen bis zu 13 Prozent. Real bietet aktuell sogar 50 Prozent Preisnachlass. Bei derartigen „Ramschangeboten sei Fleisch, Made in Germany bald Geschichte“, zürnen die Schweinezüchter.

Ramschpreiswerbung von Netto-Marken-Discount für rein deutsche Fleischprodukte (© ISN)

Ramschpreiswerbung von Netto-Marken-Discount für rein deutsche Fleischprodukte (© ISN)

(jh/PM) – Mit „5-D“ versucht Netto vom Trend zur Region und der Abkehr vom globalen Fleischhandel zu profitieren: Elterntiere, Geburt, Aufzucht, deutsches Futter und Schlachtung – alles eben kopmplett in und aus „D“. Ein Produkt also, das dem Handel eigentlich sogar einen spürbaren Aufpreis wert sein sollte (*Ergänzung siehe unten), denn „die verantwortungsvolle Herstellung erfolgt nach strengen deutschen Regeln“ (Eigenwerbung). Doch stattdessen lockt Netto mit noch mehr Rabatten zwischen 11 und 13 Prozent. Und Real zieht mit: -50 Prozent Rabatt für deutsches Fleisch. Das alles zu Zeiten, wo europaweit die Tierhalter für angemessene Preise ihrer Produkte vor Schlachthöfen und Einzelhändlern demonstrieren.

„Schizophrene Preispolitik“

„Ohne Wertschätzung keine Wertschöpfung,“ kritisiert die Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN) diese „schizophrene Preispolitik“ des Handels. Schon jetzt müssten ein Viertel der in Deutschland gemästeten Ferkel importiert werden, weil die Kosten hierzulande zu hoch seien. Deutsche Produkte als Qualitätsmerkmal zu bewerben und gleichzeitig mit derartigen Sonderangeboten im Preis abzuwerten sei „ein Unding“. Das treibe deutsche Schweinehalter in den Ruin.

wir-sind-tierazt.de meint:

Die "Meistermetzger" von Real können sogar noch besser verramschen als Netto: 50 % Rabatt. (© ISN)

Die „Meistermetzger“ von Real können sogar noch besser verramschen als Netto: 50 % Rabatt. (© ISN)

(jh) – Auch wenn die Quelle dieser Meldung die Presseinformationen eines Interessenverbandes sind: In der Tat ist es schizophren, wenn der Handel lautstark beklagt, dass es kaum durchsetzbar sei, sechs oder acht Cent Aufpreis pro Kilo Fleisch für die Inititive Tierwohl am Markt zu erwirtschaften. Gleichzeitig, aber versprechen die „Schweinebauch-Werbung“ genannten Anzeigenbeilagen in Zeitungen 50 Cent Preissenkung bei 600g Schnitzel.
Solche Aktionen führen das Tierwohl-Engagement  des Handels komplett ad absurdum – und eine EDEKA-Tochter geht voran. Mit „Wir lieben Lebensmittel“ hat das nichts mehr zu tun.
Was passiert, wenn einer eine Rabattschlacht beginnt, zeigt sich sofort: Real lockt mit 50 Prozent Preisabschlag.

Siehe auch Eintrag im Redaktions-Blog: Dänemark – Discounter zahlt Solidaritätspreis an Milchbauern

*Ergänzung 20.8.2015: In der Tat ist das „5-D“-Angebot von Netto sogar noch „teuerer“ als ein vergleichbares Angebot der Konzernmutter EDEKA ohne „Made in Germany“-Label: Netto 5,15 €/Kilo – EDEKA 4,50 €/Kilo Schweineschnitzel – siehe Fotos). Das ändert aber nichts an der „Schizophrenie“: Würden Tierwohl-Aufschläge im Cent-Bereich den Handel und die Verbraucher wirklich überfordern?
Die „Preiskalkulation“ für ihre Schweine machte Landwirtin Nadine Henke via Twitter öffentlich (siehe unten). 

Ramschpreise? Kilopreis Schweinesschnitzel für 4,50 € – EDEKA selbst kann es sogar noch billiger als seine Discounttochter Netto (Kilopreis 5,15 €). (© Thomas Ostendorf via Twitter)

Ramschpreise? Kilopreis Schweinesschnitzel für 4,50 € – EDEKA selbst kann es sogar noch billiger als seine Discounttochter Netto (Kilopreis 5,15 €). (Dank für das Foto an © Thomas Ostendorf via Twitter)

Quelle:
Pressemeldung der ISN (19.8.2015)
Pressemeldung ISN (20.8.2015)
PDF der kritisierten „Netto Marken-Discounter-Werbung“
PDF der REAL-Werbung

Nicht mal kostendeckend – Was es einen Bauern kostet, ein Schwein zu mästen und was er dafür aktuell bekommt. (© Henke/Twitter)

Nicht mal kostendeckend – Was es einen Bauern kostet, ein Schwein zu mästen und was er dafür aktuell bekommt. (© Henke/Twitter)

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