Was Abgangsraten über die Tiergesundheit aussagen

Todesfälle kommen vor. Doch Abgangsraten über 30 Prozent sind ein deutlicher Problemindikator.Todesfälle kommen vor. Doch Abgangsraten über 30 Prozent sind ein deutlicher Problemindikator. (Foto: ©WiSiTiA/aw)

Jeder Milchviehbetrieb verkauft regelmäßig Kühe und stellt Jungtiere nach. Doch die Gründe für den Abgang spiegeln oft auch Probleme wider. Im wirtschaftlichen und medizinischen Idealfall würden nur gesunde alte Kühe am Ende der Laktation die Herde verlassen, wenn die Milchproduktion optimal ausgenutzt worden ist. Abgangsraten über sechs Prozent in den ersten 60 Laktationstagen sind nicht akzeptabel.

Die grundsätzliche Unterscheidung der verschiedensten Gründe für den Verkauf von Tieren erfolgt in zwei Kategorien: Freiwillige und Unfreiwillige.

Freiwillige Abgänge sind Managemententscheidungen

In diese Kategorie fällt zählt der Verkauf von Kühen zur weiteren Nutzung oder die Selektion auf bessere Milchleistung, besseres Fundament etc.. Der Status der Herde soll durch die Abgabe von Tieren mit unbefriedigenden Eigenschaften angehoben werden .

Unfreiwillige Abgänge sind krankheitsbedingt

Unfreiwillige Abgänge bedeuten in der Regel, dass die Kuh aus gesundheitlichen Gründen zum Schlachten verkauft werden musste oder sogar auf dem Betrieb gestorben ist. Zu den häufigsten Gründen für einen vorzeitigen Abgang gehören Verletzungen, Euterentzündungen, aber auch Unfruchtbarkeit. Diese Gründe zu reduzieren ist wiederum ein Managementaufgabe.

Um eine vernünftige Überblick zu bekommen, ist es wichtig, den Abgangszeitpunkt im Zusammenhang mit dem Laktationsstadium zu erfassen. Es ist unwirtschaftlich Kühe vor dem sechzigsten Laktationstag zu verkaufen, da sie zu diesem Zeitpunkt erst den Scheitel der Milchleistung erreichen. Kühe die vor diesem Zeitpunkt die Herde verlassen, müssen ernsthafte Krankheitsprobleme gehabt haben, denen nachgegangen werden sollte. Dave Winston von der Virginia Tech Extension, USA, hält Abgangsraten von mehr als vier Prozent während der ersten 30 und mehr als sechs Prozent während der ersten 60 Laktationstage für nicht akzeptabel.

Nicht mehr als zwei Prozent Todesfälle

Weitere Eckdaten sind für ihn: nicht mehr als zwei Prozent Todesfälle bei Kühen (keine Verwertung möglich), maximal drei Prozent Abgänge durch Mastitiden und maximal sechs Prozent wegen Unfruchtbarkeit. Insgesamt sollte die jährliche Remontierungsrate nicht über 30 Prozent liegen. Anhand dieser Kennwerte lassen sich herdenspezifische Gesundheitsprobleme identifizieren und im Idealfall verbessern.

Gesundheitsprobleme lassen sich nicht einfach ausmerzen

Es ist in der Regel nicht möglich, Krankheiten durch den Verkauf der entsprechenden Kühe aus dem Bestand zu tilgen. Daher ist es unerlässlich, die Ursachen dafür herauszufinden und entsprechende Gegenmaßnahmen umzusetzen. Mastitiden beziehungsweise hohe Zellzahlen lassen sich nicht durch Verkäufe ausmerzen, wenn die hygienischen Rahmenbedingungen nicht stimmen und dadurch ständig umweltbedingte Neuinfektionen auftreten. Das Gleiche gilt für Lahmheiten (zum Beispiel Panaritium, Mortellaro) – stimmen die Bodenverhältnisse nicht oder sind die Ställe überbelegt, lassen sich Neuerkrankungen nicht vermeiden.

Nur durch zielgerichtete Verkaufsstrategien lässt sich auf Dauer die Herdengesundheit beziehungsweise – leistung verbessern.

Akzeptable Abgangsraten:

  • Abgangsrate insgesamt: < 30 %
  • Unfreiwillige Abgänge: < 15 %
  • Fruchtbarkeitsprobleme: < 6 %
  • Mastitis: < 3 %
  • Todesfälle: < 2 %
  • Abgänge vor dem 30. Laktationstag: < 4 %
  • Abgänge vor dem 60. Laktationstag: < 6 %
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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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