Alle Tests negativ – „Rotz“-Ausbruch ein Einzelfall?

(jh/hh) – Bei einem Sportpferd aus Niedersachsen war Ende Januar eine „Rotz“-Infektion bestätigt worden. Es war vor dem Export in die USA bei Routine-Tests aufgefallen. Die Behörden suchen nun den Infektionsweg, insbesondere in Kontaktbetrieben in Schleswig-Holstein. Inzwischen sind aber alle der über 70 genommen Proben negativ. Bei einer Probe lagen zunächst widersprüchliche Testergebnisse vor, doch inzwischen ist auch dieser Betrieb wieder freigegeben. (erstellt: 29.1.2015 / aktualisiert: 22.2.2015 – 13:00)

Die Suche der Behörden konzentrierte sich auf Schleswig-Holstein. Dort wurden vier Kontaktbetriebe des Sportpferdes identifiziert, alle sind nach negativ ausgefallenen Untersuchungen inzwischen wieder freigegeben.
Bei einem Betriebe hatte es zuvor zweifelhafte Ergebnisse gegeben. Das Friedrich-Loeffler-Institut in Jena hatte die Probe mit zwei Untersuchungsmethoden analysiert. Die erste Methode ergab das fragliche Ergebnis. Bei der zweiten Methode lag ein negatives Ergebnis vor. Dies weist darauf hin, dass es sich um eine unspezifische Reaktion handeln könnte, das heißt keine spezifischen Antikörper gegen Rotz vorliegen. Um dies sicher abzuklären, wurde das Pferd nach zwei Wochen erneut untersucht: Ergebnis negativ.
Eine ebenfalls noch ausstehende Probe eines zweiten Pferdes erwies sich schon früher als negativ.

Die Historie des aktuellen Falles

Bekannt ist bisher: Das Sportpferd wurde 2008 in Schleswig-Holstein geboren, und ist dann über Nordrhein-Westfalen im November 2014 nach Bippen im Landkreis Osnabrück (Niedersachsen) gekommen. Es hat sich aber nie außerhalb Deutschlands aufgehalten, etwa in Südamerika oder Asien wo die Seuche auftritt. Möglicherweise bestanden aber indirekte Kontakte. Das Pferd hatte keinerlei klini­sche Symptome gezeigt, aber bei einer routinemäßigen Untersuchung am 1. Dezember vor einem geplanten Export in die USA ergab sich ein Verdachtsbefund. Um diesen zu bestätigen, wurde das Tier am 14. Dezember 2014 zur diagnostischen Abklärung getötet, aber die bakteriologische Untersuchung der Organe verlief zunächst negativ.

„Rotz“-spezifische DNA in Hautproben

Ende Januar erbrachten weitergehende Untersuchungen des Friedrich-Loeffler-Instituts dann doch einen positiven Befund. Das FLI hatte gezielt Hautproben molekularbiologisch untersucht und darin „Rotz“-spezifische DNA nachgewiesen. Damit gilt die In­fektion seit dem 27.01.2015 als amtlich bestätigt – erstmals seit 1956 gibt es somit wieder einen „Rotz“-Befund in Deutschland. (Die vollständige Seuchen-Meldung des Bundeslandwirtschaftsministeriums an die OIE können sie hier herunterladen.)

Weitere Tests im Niedersachsen-Bestand negativ

Die anderen Pferde im betroffenen Bestand in Bippen (Niedersachsen) wurden im Abstand von jeweils zwei Wochen dreimal negativ getestet. Deshalb gilt die Seuche  dort bereits als erloschen. Die Empfänglichkeit des einzelnen Tieres hängt von Infektionsdosis, Übertragungsweg und individueller Konstitution ab, eine „Rotz“-Infektion verbreitet sich deshalb tendenziell nur eine langsam. Wird die Erkrankung festgestellt, erfolgt in der Regel die sofortige Keulung aller infizierten Tiere.

„Rotz“-Verdacht in Schleswig-Holstein

Auch die Behörden in Schleswig-Holstein, wo das Pferd in vier Betrieben gestanden hatte, haben Untersuchungen veranlasst.
Zwei Reitturniere in Schleswig-Holstein wurden am Sonntag (1.2.2015) abgesagt. Der Grund: Bei den Tests sollten in einem Fall Rotz-Antikörper nachgewiesen worden sein, die Pferde seien aber symptomfrei. „Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme“, hatte der Vorsitzende eines der veranstaltenden Clubs, der Springreiter (CdS) Schleswig-Holstein/Hamburg, Harm Sievers (Tasdorf) mitgeteilt. Inzwischen ist dieser Verdacht auch widerlegt.

Burkholderia Mallei alias „Rotz“

Die bakterielle Infektionskrankheit „Rotz“ (Burkholderia Mallei) ist eine anzeigepflichtige Tierseuche und tritt vornehmlich bei Einhufern (Pferde, Esel, Maultiere, Zebras) auf. Sie wird durch Körpersekrete übertragen. Die Erkrankung kann in Form knotiger und geschwülstiger Entzündungen in der Haut (Hautrotz), der Nasenschleimhaut (Nasenrotz) und der Lunge (Lungenrotz) auftreten. Bei Pferden dominiert die chronische oder latente Verlaufsform, wodurch sich die Krankheit manchmal auch unerkannt verbreitet.

Geringes Ansteckungsrisiko für Menschen

In der Vergangenheit waren Ansteckungen bei Menschen selbst bei hohen Erkrankungshäufigkeiten in der Pferdepopulation allerdings sehr selten. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war „Rotz“ weltweit verbreitet, wurde in Westeuropa und Nordamerika aber in den fünfziger Jahren weitgehend ausgerottet. Zuletzt war die Krankheit in Südamerika und Asien wieder vermehrt aufgetaucht.

Beitrags-Bild: Nasenscheidewand eines erkrankten Pferdes – Humboldt-Universität Berlin

 

 

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