Berlin-Demos: Satt-Macher gegen Satt-Haber

Logo Internationale Grüne WocheAls Gegenaktion zum gefühlten „Bauernbashing“ der Demo „Wir haben es satt“ organisierten einige Bauern via Facebook am 17. Januar eine Art Flashmob mit dem Slogan „Wir machen euch satt“. Sie fordern: „Redet mit uns statt über uns“. Zahlenmäßig waren die „Satt-Habenden“ den „Satt-Machenden“ in Berlin allerdings haushoch überlegen. Doch Netzlandwirt „BauerHolti“ alias Markus Holtkötter ist zufrieden mit seiner Aktion. (Video)

(jh/hh)  – „800 bis 900 Bauern* vor dem Berliner Hauptbahnhof sind gar nicht so schlecht“, findet Bauer Holti. Doch den etablierten Demoprofis der „Wir-haben-es-satt“-Kampagne haben die Facebook-Landwirte letztlich wenig Masse entgegenzusetzen. Je nach zählweise mobilisierte die von 46 Organisationen getragene „Wir-haben-es-satt“-Bewegung 50.000 Menschen (nach eigenen Angaben) oder 25.000 (nach Polizeiangaben)  zu einem Marsch bis vor das Kanzleramt. Von der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (AbL) und dem BUND über den Deutschen Tierschutzbund, Brot für die Welt oder Miserior bis hin zu Campact reicht das bunte Bündnis. Sie eint das Ziel: „Stoppt Tierfabriken, Gentechnik und TTIP! Für die Agrarwende!“ Ein Traktorenkonvoi mit über 90 Traktoren führte den Zug an.

Wider die schwarzen Schafe

„Die fordern einiges, da könnte ich sogar bei denen mitgehen“, räumt Holtkötter ein. Es verursache bei ihm aber Wut, Enttäuschung und Frust, dass alle konventionellen Landwirte durch die unterschiedlichsten Akteure der „Wir-haben-es-satt“-Protestbewegung pauschal derart verurteilt, zum Teil als „Mörder“ beschimpft  würden.

Markus Holtkötter hält im Münsterland selbst 3.000 Schweine in einem ingegrierten System von der Ferkelproduktion bis zur Endmast. „Von meinem Antibiotika-Einsatz kann mein Tierarzt definitiv nicht leben. Die, die mehr brauchen und nichts dagegen tun, werden hoffentlich durch das neue Antibiotikamonitoring auffallen.“ Den schwarzen Schafen in den eigenen Reihen – die aber zum Beispiel FAZ-Redakteur Jan Grossarth als „wiederkehrende Einzelfälle“ beschreibt – müsse man allerdings noch viel entschiedener entgegentreten.

Von der Petition zur Demo

Bauer Holti: Bauern gemeinsam mit Verganern gegen Tierhaltung? Nein!

„Bauer Holti“: Frust über Bauernbashing

Mit „Wir machen euch satt“ will „Bauer Holti“ – zusammen mit Nadine Henke und Kathrin Seeger – ebenfalls Landwirtinnen – einen Kontrapunkt zum Bauernbashing setzen. Ganz am Anfang stand eine Petition an das Bundeslandwirtschaftsministerium, weil sich – nach Meinung der Petenten – „Parteien, Medien und Lobbyorganisationen zunehmend gegen ihre Ernährer wenden. Mit teils unseriösen und fachlich falschen Argumenten wird vielfach eine regelrechte Hetze gegen die moderne Landwirtschaft betrieben.“ Der Aufruf: „Erkennen Sie die Leistungen von uns Landwirten öffentlich an! Reden Sie mit uns und nicht über uns!“ – denn „wir machen Euch satt“.

„Medial verwurstete Bösewichte“

Warum auch Biobauern bei der  "Wir haben es satt"-Demo nicht mitgehen sollten. (© screenshot tweet @frl_deere)

Warum auch Biobauern bei der „Wir haben es satt“-Demo nicht mitgehen sollten. (© screenshot tweet @frl_deere)

Die Idee verbreitete sich vor allem über Facebook und Twitter. Anfangs war nur ein Flashmob geplant, aber als immer mehr mitmachen wollten, haben Holtkötter und seine Mitstreiter lieber eine „ordentliche Demo angemeldet“. Mit-Organisator Alois Wohlfahrt sagt im Netz: „Die Idee ist spontan in unserer Community entstanden. Wir sind kein Verband, sondern Landwirte, die sich einfach dagegen wehren wollen, immer als Bösewichte medial verwurstet zu werden. Verbände springen erst jetzt teilweise auf. Es ist spontan und es ist gut so. Es ist auch ein Anfang. Wir werden den Weg weiter gehen.“
So erklärten Anfang der Woche dann auch der Bauernverband und Verbände der Vieh- und Fleischwirtschaft, dass sie die Aktion unterstützen – zu spät, um noch große Bauernzahlen zu mobilisieren, auch wenn auf der Grünen Woche noch zur Teilnahme aufgerufen wurde. Dabei kritisieren die „Satt-Macher“ durchaus auch ihre Standesverteter, warfen dem Bauernverband vor, in vielen Punkten die gesellschaftliche Entwicklung verschlafen zu haben.

*die genaue Teilnehmerzahl schwankt zwischen 600 (Polizeiangaben) und rd. 1.000 (Bauernverband)

Fotos/Video: ©WiSiTiA/jh / Videoschnitt/Arrangement: ©WiSiTiA/hh

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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