Schweine steuern Stallheizung selber

© Henrik Hofmann

Das moderne Schwein von heute drückt gerne Knöpfe – besonders wenn es dann kuschelig warm wird. Per Schnauze schalten Schweine bei Bedarf ihre Stallheizung an. Das Projekt ist eine Mischung aus ungewöhnlichem Beschäftigungsangebot und ökonomischem Kalkül.

Heizkosten sparen – das war der Grund, warum sich Wissenschaftler des Prairie Swine Centre (PSC) aus Saskatoon, Kanada mit der Idee beschäftigten, wie Schweine ihre passende Stalltemperatur selbst regeln könnten. Ihre Hypothese: In Gruppenställen müsse es eigentlich nicht so warm sein, da sich die Sauen typischer Weise zusammenlegen und so gegenseitig wärmen.

Ein Heizlüfter als Belohnung

Für ihren Versuch konstruierten die Kanadier einen Schalter, den die Sauen per Schnauze betätigen können. So schalten sie eine Heizung ein, die aber per Zeitschaltuhr wieder deaktiviert wird. Gleichzeitig befindet sich direkt über dem Schalter ein Heizlüfter, der anspringt sobald eine Sau ihn drückt. Die Warmluftdusche ist eine Art Sofortbelohnung. So „erspüren“ die Sauen den direkten Zusammenhang zwischen Schalter und Raumtemperatur. Ein ähnliches System wurde bereits vor einigen Jahren erfolgreich bei Saugferkeln eingesetzt, um deren bevorzugte Umgebungstemperatur zu ermitteln.

Lieblingstemperatur am Tag: 14° C – nachts etwas kühler

Die Auswertung der Daten und Videos zeigte: Tagsüber, wenn die Sauen aktiv waren, betätigten sie den Schalter deutlich häufiger als nachts. Ihre bevorzugte Raumtemperatur hielten sie so selbständig bei rund 14° C. Nachts dagegen, wenn sie schliefen, tolerierten sie niedrigere Umgebungstemperaturen bis 11,5° C. Aber auch im Tagesverlauf gab es Phasen, in denen die Sauen niedrigere Temperaturen als 13,5° C hinnahmen, ohne gleich die Heizung einzuschalten.

Hat niedrige Nachttemperatur Folgen?

In weiteren Versuchen unter Stallbedingungen soll nun getestet werden, ob tatsächlich Energie eingespart werden kann, wenn man Sauen die Kontrolle der Stalltemperatur überlässt. Außerdem wollen die Wissenschaftler überprüfen, welchen Einfluss niedrigere Temperaturen auf das Gewicht, die Körperkondition, die Aktivität und die Futteraufnahme der Tiere haben. Es sieht aber tatsächlich danach aus, als ob die Schweine sich in den Ruhephasen gegenseitig soausreichend wärmen, dass die Umgebungstemperatur niedriger sein kann.

wir-sind-tierarzt.de meint: Schweine sind auch nur Menschen

(aw) – Mir persönlich gefällt die Idee gut, allerdings eher unter dem Aspekt, dass die Sauen sich tagsüber mit dem Schalter und der Raumtemperatur beschäftigen. Das bringt Abwechslung in den Alltag. Nachts würde ich allerdings mit einer fest eingestellten Temperatur arbeiten, denn in meinen Augen zeigen die Versuche, dass Schweine auch nur Menschen sind: Ich gehe davon aus, dass die Sauen nur deswegen niedrigere Temperaturen tolerieren, weil sie keine Lust haben aufzustehen und den Schalter zu betätigen. Mir würde es auch nicht anders gehen, wenn ich gemütlich schlafe. Bevor man extra aufsteht, überlegt man sich doch zweimal, ob die kühlere Umgebungstemperatur tatsächlich so schlimm ist.

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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