Jeder dritte Fernreisende importiert multiresistente Erreger

Nach einer Indien-Reise liegt das Risiko mit ESBL-bildenden Bakterien besiedelt zu sein bei 70 Prozent. Eine Südostasien-Reise hat ein fast 50-prozentiges Risiko. Fernreisende können also im großen Stil Baktieren importieren, die gegen die Mehrzahl der verfügbaren Antibiotika resistent sind, sagt eine Studie aus Leipzig.

Weder gründliche Händehygiene noch die ausschließliche Verwendung verpackter Getränke schützte überzeugend. Dass eine unterwegs erworbene Durchfallerkrankung (Gastroenteritis) mit einem erhöhten Übertragungsrisiko der resistenten Darmkeime korreliert, ist wenig überraschend. Dennoch sind die genauen Übertragungswege noch nicht bekannt. Gerade Indien gilt aber als Reservoir für multiresistente Keime.

Jeder dritte Reiserückkehrer besiedelt

Über 12 Monate haben Infektiologen am Universitätsklinikum Leipzig (UKL) das Risiko eines Erreger-Imports durch Fernreisen untersucht. Wer in ein Gebiet mit hoher Erregerdichte reist, habe tatsächlich ein großes Risiko Träger multiresistenter Erreger zu sein, erklärt Dr. Christoph Lübbert, Leiter des Fachbereichs Infektions- und Tropenmedizin. Am UKL untersuchte man 225 gesunden Probanden mit einem Durchschnittsalter von 34 Jahren sowohl vor als auch nach der Fernreise. Fast jeder dritte (30,4 Prozent) war nach der Rückkehr mit ESBL-bildenden Bakterien besiedelt. Das bestätige Ergebnisse aus Skandinavien und den Niederlanden, sei aber, sagt Lübbert „höher als bislang angenommen“. Frühere Studien gingen von Raten zwischen 14 und 25 Prozent aus.

Besiedlung bedeutet nicht Erkrankung

Eine ESBL-Besiedlung ist in den meisten Fällen für Gesunde ungefährlich und verursacht keine Symptome. Ein Gesundheitsrisiko besteht, wenn der Träger selbst anderweitig erkrankt oder Kontakt mit immungeschwächten Mitmenschen hat. Allerdings erkrankte keiner der Studienteilnehmer im Untersuchungszeitraum aufgrund der Besiedlung. Sechs Monate später waren nur noch 8,6 Prozent der Probanden Träger der importierten Erreger.

„Erregerimporte“ torpedieren nationale Resistenzminimierungsprogramme

„Die Studie zeigt, dass der Kampf gegen multiresistente Erreger (MRE) ein globales Herangehen erfordert, um erfolgreich sein zu können“, resümiert Lübbert. Anderenfalls würden fortwährend auftretende Importe alle lokalen Bemühungen um eine MRE-Bekämpfung verhindern.

Fernreisen vor Krankenhausaufenthalt abfragen

Konkret empfehlen die Leipziger Krankenhäusern ganz konkret ein systematisches Aufnahmescreening auf ESBL-bildende Bakterien bei Patienten, die innerhalb der letzten sechs Monate in Indien oder Südostasien waren. Wenn ja, sollte man die Patienten isolieren um einer Übertragung vorzubeugen – zumindest bis konkrete Untersuchungsergebnisse vorlägen.

„Auch ein Screening für Beschäftigte in der Lebensmittelindustrie und Gastronomie nach solchen Reisen könnte eine vorbeugende Maßnahme für die Zukunft darstellen“, glaubt Dr. Lübbert. 

Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt auch eine Studie der Universität Helsinki

Beitragsbild: ©2014 VetPress.de

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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