Tierhaltungsverbot für Adrianus Straathof – einen der größten Schweinezüchter Europas

1,5 Millionen Ferkel sollen Straathof-Betriebe jährlich erzeugen.1,5 Millionen Ferkel sollen Straathof-Betriebe jährlich erzeugen. (© WiSiTiA/Henrik Hofmann)

(jh) Einem der größten Schweinezüchter Europas droht ein Berufsverbot. Die Behörden in Sachsen-Anhalt haben Adrianus Straathof Ende November einen Bescheid über ein „Tierhaltungs- und Betreuungsverbot“ zugestellt. Doch rechtsverbindlich ist der Bescheid nicht. Das muss erst noch ein Gerichtsverfahren klären. Auch gegen eine weitere 60.000-Sauenzuchtanlage gehen die Behörden vor und liessen Schweine zur Schlachtung bringen, um Platz zu schaffen. (erstellt: 10.12./update: 15.12.14 / 12:00)

stern.de berichtet: Tierhaltungsverbot für Schweinebaron Straathof

stern.de berichtet: Tierhaltungsverbot für Schweinebaron Straathof

Das Verbot des Landkreises Jerichower Land (Sachsen-Anhalt) gelte für Straathof persönlich, bundesweit und betreffe womöglich sämtliche Betriebe, in denen er Geschäftsführer ist oder als Eigentümer Einfluss auf die Tierhaltung habe, schreibt stern.de. „Mit sofortiger Wirkung“ sei ihm damit „das Halten und Betreuen von Schweinen untersagt“. Der stern deutet das „praktisch als Berufsverbot“.

Bescheid nicht rechtskräftig – Betriebe arbeiten weiter

Doch der Bescheid ist nicht rechtskräftig. Straathofs Anwälte haben umgehend widersprochen und Klage eingereicht. Eine Straathof-Sprecherin teilte MDR SACHSEN-ANHALT mit, der Bescheid leide an zahlreichen offensichtlichen Rechtsmängeln. Das Verwaltungsgericht Magdeburg habe seine sofortige Vollziehbarkeit bis zu einer Entscheidung des Gerichts ausgesetzt. Das bedeutet: Die Betriebe dürfen weiter arbeiten. Es kommt auch nicht zu weiteren Maßnahmen, wie etwa Bestandsräumungen. Außerdem bezieht sich das Tierhaltungsverbot auf die Person Adrianus Straathof und nicht auf die Unternehmen der Holding. Der Unternehmer wolle notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. In Sachsen-Anhalt betreibt Straathof sechs Schweinehaltungen, deutschlandweit 20.

Sachsen-Anhalts Umwelt- und Agrarminister Hermann Onko Aeikens (CDU) lobte das Vorgehen der Behörden: Der Landkreis habe konsequent gehandelt. Das Tierhaltungsverbot sei das Ergebnis einer langen Entwicklung. „Wenn Bußgelder nicht helfen, dann muss man zu solchen Schritten greifen.“

Saale-Kreis: Behörden lassen Schweine schlachten

Im Saale-Kreis gehen die Behörden gegen den Betreiber einer 60.000er–Sauenzuchtanlage in Großkayna (Sachsen-Anhalt) vor. Die zuständige Dezernentin Gabriele Kleine erklärte dem MDR, es seien bereits 134 Tiere aus der Anlage der SAZA GmbH abgeholt und in einen Schlachthof gebracht worden. Das sei möglicherweise nicht die letzte sogenannte Ersatzvornahme gegen den Zuchtbetrieb: „Wir tun das, was normalerweise der Betreiber tun muss: Wir ziehen Kapazitäten von Schweinen aus der Anlage, um mehr Raum zu schaffen.“ Bisher haben die Behörden gegen die Firma bereits 100.000.- Euro an Bußgeldern verhängt, die aber noch nicht bezahlt wurden, da Widerspruchsverfahren laufen.

Weitermachen mit Strohmännern?

Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus – in dessen Bundesland die Straathof-Holding ebenfalls drei Standorte betreibt und seit 2011 mit rund 163.000.- Euro Bußgeldern belegt wurde – hofft, „dass sich die Geschäftspraktiken grundlegend ändern werden und nun nicht nur ein Strohmann gefunden wird, der weiter macht, als wäre nichts geschehen.“ Das Gerichtsverfahren werde „endlich Klarheit und Rechtssicherheit in der Causa Straathof“ bringen.

„Endlich Bestandsobergrenzen festlegen“

„Diese Tierhaltung hat meines Erachtens nichts mehr mit Landwirtschaft zu tun,“ erklärt Backhaus. Grundsätzlich sei zu hinterfragen, ob für Tierhaltungen dieser Größe das geltende Recht ausreiche, um die angemessene Pflege und Versorgung des Einzeltieres zu jeder Zeit sicher zu stellen. Die Bundesregierung sei aufgefordert, „die in der Koalitionsvereinbarung geforderte Erarbeitung der Bestandsobergrenzen endlich ernst zu nehmen“, unterstrich Dr. Backhaus.

„Meilenstein im Kampf gegen Massentierhaltung“

1,5 Millionen Ferkel sollen Straathof-Betriebe jährlich erzeugen.

1,5 Millionen Ferkel sollen Straathof-Betriebe jährlich erzeugen. (© WiSiTiA/hh)

Die Stern-Redaktion wertet das Tierhaltungs- und Betreuungsverbot als „einen Meilenstein im Kampf für Tierschutzrechte in der Massenhaltung“. Straathofs-Firmen halten – laut stern.de nach eigenen Angaben aus dem Jahr 2013 – an 25 Standorten Schweine und produzierten allein in Deutschland insgesamt 1,5 Millionen Ferkel jährlich.

Das System Straathof

Für Tierschutzverbände wie ProVieh ist das System Straathof einer der größten Übeltäter der Branche. Aber auch die Behörden in Sachsen-Anhalt haben den Schweinezüchter im Visier. 1,9 Millionen Euro Buß- und Zwangsgelder sollen sie inzwischen gegen Tierhaltungsbetriebe der Straathof-Holding verhängt haben. Bezahlt worden seien davon erst 592.000 Euro. Mit seinen verschiedenen Unternehmen gilt der Niederländer Adrianus Straathof als einer der größten Schweinehalter Europas. Dem Unternehmer und seinen Betrieben werden immer wieder massive Tierschutzverstöße vorgeworfen.

Weitere Berichte auf wir-sind-tierarzt.de

Veraltungsgerichte bestätigen sofortige Vollzug des Tierhaltungsverbotes – (18.12.2014)
Der Fall Straathof ist – direkt oder indirekt – Thema einer ganzen Reihe von TV-Beiträgen – eine Auswahl hier – (22.12.2014)

Weiter Links zum Thema

Bericht im ZDF-Heute-Journal über das Haltungsverbot und die Folgen für die Tierhaltung in Deutschland.

Die Tierschutzorganisation ProVieh beschäftigt sich hier in einem Übersichtsartikel mit der Holding, nennt darin Standorte, Betriebsgrößen und listet Skandale auf.

stern.de zeigt auch ein Video der Polizei-Durchsuchungen eines Straathof-Betriebes, auf das sich u.a. das „Haltungsverbot“ stützt.

In Niedersachsen haben die Behörden im November einem Schweinehalter die Tierhaltung verboten, nachdem er über Jahre mehrfach auffällig geworden war.

 

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