H5N8 in Europa: EFSA sieht Mängel in der Biosicherheit

h5n8 wildvögel

Noch vor den aktuellen H5N8-Geflügelpest-Ausbrüchen in Niedersachsen und Italien versuchte die EFSA (European Food Saftey Authority) eine Einordnung des aktuellen H5N8-Geschehens. Der erstmals im November 2014 in Europa nachgewiesene hochpathogene Geflügelinfluenza-Stamm (HPAI = highly pathogenic avian influenza) gelangte demnach wahrscheinlich über zwei Schritte in die Ställe. 


Die EFSA geht von zwei voneinander unabhängigen „Geschehen“ aus: Erstens dem Weg des Virus aus Asien nach Europa wahrscheinlich über Wildvögel. Und zweitens dann die Weiterverbreitung/Einschleppung des Virus aus der Umwelt in die Bestände – und zwar über andere Vektoren, ermöglicht durch Mängel bei der Biosicherheit. Die Annahme begründet die EFSA in der neuesten Ausgabe ihres Journals wie folgt.

Keine direkter Vogelflug von Südost-Asien nach Nordeuropa

Seit Januar 2014 grassiert der Stamm H5N8 in asiatischen Geflügelhaltungen und auch in Wildvögeln, doch wie er nach Europa gelangt ist, konnte noch nicht endgültig geklärt werden. Es gibt keine direkten Flugrouten für Vögel von Asien nach Nordwest-Europa. Es ist allerdings denkbar, dass sich europäische Wildvögel in gemeinsamen Brutkolonien bei den asiatischen Vögeln angesteckt haben.

Geringe Pathogenität bei Wildvögeln

Dafür spricht, dass H5N8 für viele Wildvogelarten nur gering pathogen ist, sodass sie Virusträger sein können, ohne selbst zu erkranken. In Deutschland konnten Mikrobiologen den Virusstamm bisher einmal bei einer Krickente nachweisen. Jäger hatten das Tier, dass keine Krankheitsanzeichen erkennen liess,  auf der Insel Rügen geschossen.
In den Niederlanden trugen zwei Pfeifenten (Anas penelope) das Virus; sie zeigten ebenfalls keine klinischen Symptome.
Was der EFSA-Bericht noch nicht enthält (weil gerade erst aktuell festgestellt) ist der H5N8-Nachweis in den USA in einer kleinen Hinterhof-Freilandhaltung mit Teich, der auch von Zugvögeln genutzt wird sowie bei einem in Gefangenschaft lebenden Gerfalken. Der Raubvogel war mit erlegten Wildvögelen gefüttert worden.

Das Auftreten des Virus in verschiedenen Wildvogelarten auf verschiedenen Kontinenten (Asien/Europa/Amerika) spricht für die Verbreitung durch Wildvögel.

Keine direkte Übertragung von Wildvögeln auf Hausgeflügel

Eine direkte Übertragung von Wildvögeln auf Hausgeflügel sei aber in keinem der betroffenen europäischen Geflügelbestände möglich gewesen, schreibt die EFSA. Alle Tiere waren in Ställen gehalten worden. Der Eintrag in die Stallungen müsse also über andere Vektoren wie Menschen, Fahrzeuge, Werkzeug, sonstige Infektionsträger, lebende Tiere oder von infizierten Tieren verunreinigte Produkte tierischer oder pflanzlicher Herkunft erfolgt sein.

Niederlande: Verschleppung nachgewiesen

Dafür spricht, dass die zuständigen Behörden bei einem der fünf Ausbrüche im Nachbarland eine Verschleppung von einem Betrieb in einen anderen nachweisen konnten. Möglich machte dies die Genom-Sequenzierung der Viren aus den fünf niederländischen Ausbrüchen. Sie wiesen nach, dass vier Infektionen unabhängig voneinander erfolgten; in einem Fall aber waren die Sequenzen identisch, so dass es zu einer Übertragung von einem Bestand in den anderen gekommen sein muss. Dieser Befund stützt die Auffassung der EFSA-Experten, wonach die Maßnahmen zur Biosicherheit in den betroffenen Betrieben nicht strikt genug eingehalten worden sein könnten.

EFSA fordert: Biosicherheit verbessern

Die abschließenden Empfehlungen der Autoren richten sich daher zuerst an die geflügelhaltenden Betriebe. Diese sollten ihre Sicherheitspläne verbessern und hohen Wert auf geschlossene Haltungssysteme, Sauberkeit und Desinfektionsmaßnahmen legen, um so eine Einschleppung des Virus in ihre Ställe zu verhindern.

Des weiteren wünscht sich die EFSA ein besseres Monitoring von Wildvögeln. Es sollten nicht verendete Tiere untersucht werden, um Risikogebiete ausfindig zu machen. Dem folgt zum Beispiel aktuell Mecklenburg-Vorpommern, indem es explizit die Jagdzeit für Wildvögel verlängert hat, damit Jäger diese für ein Monitoring schießen können.

Ein guter Informationsaustausch zwischen den nationalen und europäischen Untersuchungseinrichtungen ist ebenfalls von großer Wichtigkeit, um  Erkenntnisse über diesen, in Europa neuen Influenzastamm zu bündeln. Außerdem muss nach Meinung der EFSA-Mitarbeiter unbedingt abgeklärt werden, über welche Routen und Wildvögel das Virus von Südost-Asien bis nach Europa getragen wird.

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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