Geflügelpest breitet sich in Holland aus (update)

Sperrgebiete des Englischen H5N8-Ausbruchs

In Europa gibt es inzwischen vier bestätigte Geflügelpest-Ausbruchsherde mit dem für Geflügel hochpathogenen H5N8-Stamm, sowie einen Verdachtsfall. Die Niederlande sind mit fünf Betrieben an drei Orten am stärksten betroffen. Während in Deutschland Anfang November Puten erkrankten, sind es in den Niederlanden Hühner und in England Mastenten. Gestritten wird über den Eintragsweg: Die OIE verdächtigt Wildvögel; das Wissenschaftszentrum Aviäre Influenza (WAI) den internationalen Handel (erste Veröffentlichung: 17.11.2014 – zuletzt aktualisiert: 22.11.2014) 

von Annegret Wagner und Jörg Held

Niederlande: Fünf Geflügelfarmen mit über 225.000 Tieren infiziert

In den Niederlanden wiesen die Behörden in einem Geflügelbetrieb am 16. November H5N8 nach. Rund 150.000 Hühner wurden in Hekendorf bei Gouda gekeult. 43.000 weitere Legehennen werden wegen Hn5N8-Nachweis auf einem Hof in in Ter Aar unweit von Leiden getötet (20.11.2014). Ein dritter Ausbruch betrifft einen Betrieb mit 10.000 Tieren in Kamperveen nahe Zwolle (21.11.2014). Auch Tiere zweier benachbarten Farmen, darunter ein Enten-Bestand, sollen Symptome zeigen. Insgesamt 25.000 Stück Geflügel werden hier vorsorglich getötet. Ob es ebenfalls der H5N8-Stamm ist, ist noch nicht offiziell bestätigt, aber wahrscheinlich. Die Infektionswege sind noch nicht bekannt, eine Verbindung zu dem Ausbruch in Deutschland konnte bisher nicht hergestellt werden. Die Internationale Tiergesundheitsorganisation (OIE) verdächtigt Wildvögel als Überträger.

England: Entenfarm mit 6.000 Tieren infiziert

Am 16.11. meldete auch England einen Ausbruch von Vogelgrippe auf einer Entenfarm in Yorkshire. Dass es sich auch hier um H5N8 handelt, bestätigten die britischen Behörden am 18. November. Die Enten wurden – anders als bei den Fällen in Deutschland und den Niederlanden – im Freien gehalten. Betroffen sind  6.000 Enten, die rund 60 Wochen alt waren. Die Tiere wurden getötet.

Deutschland: 31.000 Puten betroffen

In Mecklenburg-Vorpommern mussten in einem Putenbetrieb in der Gemeinde Heinrichswalde am 6.11.2014 rund 31.000 Puten getötet werden. Dort war in einem der sechs Stallgebäude das Vogelgrippevirus nachgewiesen worden. Auch in diesem Betrieb ist bisher noch unklar, wie das Virus eindringen konnte. Die betroffenen Puten waren bereits am 21.7.2014 eingestallt worden; eine zwei Gruppe von Puten in den Nachbargebäuden war am 29.9.2014 eingetroffen.

Eintragsweg: Wildvögel oder internationaler Warenverkehr?

Die Gemeinsamkeit der Fälle in Deutschland und den Niederlanden ist die Nähe zur Küste, beziehungsweise liegen die Betriebe in einer Umgebung mit vielen Wasserflächen. Heinrichswalde liegt etwa 30 km von der Ostseeküste entfernt in einem teichreichen Grenzgebiet zu Polen. Von Gouda sind es jeweils rund 30 Kilometer bis Den Haag oder Rotterdam. Der britische Betrieb liegt  in der Gemeinde Driffield in der Grafschaft Yorkshire, etwas mehr als zehn Kilometer von der Küste entfernt. Über den tatsächlichen Eintragsweg kann aber nach wie vor nur spekuliert werden. Während die OIE Wildvögel im Verdacht hat, weil das Virus mit Ausbrüchen insebsondere in Korea nahezu identisch ist, betont der Naturschutzbund Deutschland (NABU), es gebe keinen direkten Zugweg für Wildvögel von Asien nach Europa.

Das Wissenschaftszentrum aviäre Influenza (WAI) sind dagegen den internationalen Warenverkehr zwischen Geflügelmästern als möglichen Übertragungsweg (siehe eigener Bericht). Zumindest der Betreiber der britische Entenfarm habe Geschäftsbeziehungen nach Südkorea, wo das Virus schon länger grassiert – und auch nach Brandenburg.

H5N8 hochgradig pathogen

H5N8 ist ein hochgradig pathogener Stamm, wie sich auch in Heinrichswalde deutlich gezeigt hat. Von 102 Puten, die im Rahmen der Tötung als Stichprobe untersucht wurden, konnte bei 57 das Virus nachgewiesen werden.
Im 3-Kilometer-Radius um den betroffenen Betrieb (Sperrbezirk) wurden vorsorglich weitere 591 Stück Geflügel getötet. Bei ihnen konnte das Virus nicht gefunden werden. Ebenso waren (Stand:11.11.2014) alle 599 Geflügelbestände im 10-Kilometer Umkreis um den Ausbruchsherd (Beobachtungsgebiet) frei von dem Virus. Sicherheitshalber haben die Behörden in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg im 50-Kilometer-Umkreis eine Aufstallpflicht beschlossen, obwohl bisher keine Einschleppung durch Wildvögel nachgewiesen werden konnte.

Ursprung in Asien

H5N8 ist vor allem in Asien (China, Korea und Japan) verbreitet. Die Gensequenzen des in Mecklenburg-Vorpommern aufgetretenen Virus hatten eine sehr hohe Übereinstimmung mit den asiatische Stämmen. Zuletzt waren diese in Japan auch in Kotproben von Tundra-Schwänen (Cygnus columbianus) nachgewiesen worden. Die Russische Tiergesundheitsbehörde warnte am 13.11. davor, dass sich H5n8 und H5N3 über China nach Russland (Südwest-Sibirien) ausbreiten könne.

 

Aufmacher-Grafik: telegraph.uk

Quellen: reuters / NABU 

Niederlande: OIE-Niederlande (16.11.) / OIE-Großbritannien (17.11.) / ProMed (20./21.11.) / eigene Recherchen

Großbritannien: UK-Government / britische Medien hier und hier via ProMed

Deutschland: Berichte auf wir-sind-tierarzt.de zum Ausbruch in Mecklenburg-Vorpommern mit Quellenangaben finden Sie hier und hier.
Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL): Presseinformation zu Geflügelpest-Ausbrüchen in Europa
BMEL: Schutzmaßnahmen gegen aviäre Influenza

 

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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